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Theorien erweiterter Tonalität und vagierender Akkorde

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Vagierende <strong>Akkorde</strong> – übermäßige Sextakkorde<br />

Abbildung 175: der übermäßige Quintsextakkord in Dur <strong>und</strong> Moll (Schönberg, Harmonielehre, S. 296)<br />

Bald stellt Schönberg jedoch die zuvor vorgestellte Herleitung des übermäßigen Quintsextakkords<br />

(von der II. Stufe in Dur bzw. der IV. Stufe in Moll) in Frage, da er einerseits die Erhöhung<br />

des Gr<strong>und</strong>tones, andererseits das Abstammen des Akkords von zwei verschiedenen Stufen<br />

problematisch findet. Daher nennt Schönberg nun seine Auffassung des übermäßigen Quintsextakkords:<br />

Er bildet auf der II. Stufe – gleichermaßen in C-Dur <strong>und</strong> in c-Moll – den „Nebendominant-Sept-Non-Akkord“<br />

d-fis-a-c-es; dann lässt er den Gr<strong>und</strong>ton (d) weg <strong>und</strong> erniedrigt die<br />

Quint a zu as (Abb. 176).<br />

Abbildung 176: Ableitung des übermäßigen Quintsextakkords aus dem Nebendominantseptakkord der II.<br />

Stufe (Schönberg, Harmonielehre, S. 297)<br />

Nur in der Stellung fis-as-c-es nennt Schönberg den Zusammenklang „übermäßigen Quintsextakkord“<br />

373 – die weiteren Umkehrungen dieses Akkords haben bei Schönberg eine eigene Bezeichnung.<br />

Für Schönberg ist es ohne Weiteres möglich, dass statt es dis im Akkord auftritt; er<br />

begründet dies mit der schon beim verminderten Septakkord verwendeten enharmonischen Umdeutung<br />

von es zu dis. 374<br />

Schönberg sieht den übermäßigen Quintsextakkord als Vertreter hauptsächlich der II., aber<br />

auch der IV. Stufe an. Ihm kann sowohl der kadenzierende Quartsextakkord folgen – Schönberg<br />

sieht diesen jedoch als dritte Umkehrung der I. Stufe an – als auch der Dreiklang der V. Stufe<br />

(Abb. 177). Schönberg erwähnt, dass sich beim Auflösen des übermäßigen Quintsextakkords in<br />

373 Somit wird Schönbergs übermäßiger Quintsextakkord zwar durch dieselben Töne gebildet wie der heute bekannte,<br />

jedoch in einer anderen Umkehrung: die heutige Theorie sieht den Quintsextakkord as-c-es-fis als<br />

übermäßigen Quintsextakkord an, Schönberg den verkürzten Nonenakkord mit Terz im Bass, fis-as-c-es.<br />

Schönberg übernahm wohl nur deshalb den Begriff „Quintsextakkord“, weil er damit ausdrücken will, dass es<br />

sich um eine (erste) Umkehrung handelt.<br />

374 Schönberg, Harmonielehre, S. 237 f. Schönberg ist bei enharmonischer Verwechslung, die der leichteren Lesbarkeit<br />

bzw. dem besseren Verständnis dient, prinzipiell nicht so streng (vgl. ebd., S. 307, 319, 424, 456).<br />

Aber sogar Riemann nimmt aus melodischen Gründen diese Umdeutung von der kleinen Non zur übermäßigen<br />

Oktav vor – ohne sie in seiner Funktionsschrift zu berücksichtigen: In einem von ihm ausgesetzten Beispiel (einem<br />

sogenannten „Musterbeispiel“) folgt einem doppeldominantischen übermäßigen Quintsextakkord der kadenzierende<br />

Dur-Quartsextakkord der Dominante in Es-Dur, ces-es-a-fis – b-es-b-g statt ces-es-a-ges – b-es-bg<br />

(vgl. Riemann, Vereinfachte Harmonielehre, S. 149/156).<br />

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