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Theorien erweiterter Tonalität und vagierender Akkorde

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Vagierende <strong>Akkorde</strong> – Übermäßiger Dreiklang<br />

Zusammenfassung<br />

Riemann zählt anfangs nur je einen übermäßigen Dreiklang in Dur <strong>und</strong> Moll auf: in Moll auf<br />

der III., in Dur auf der erniedrigten VI. Stufe. Riemann fasst diese übermäßigen Dreiklänge auf<br />

zwei Arten auf: Entweder als Vorhaltsakkord mit kleiner Sext statt Quint („kleiner Sextakkord“)<br />

oder als Dur- oder Molldreiklang, dessen Quint zur übermäßigen alteriert wurde („übermäßiger<br />

Quintakkord“). Übermäßige Dreiklänge können bei Riemann aber nicht nur auf der III. Stufe in<br />

Moll <strong>und</strong> auf der erniedrigten VI. Stufe in Dur stehen, sondern sind durch Alterationen auch auf<br />

anderen Stufen möglich. Riemann teilt den übermäßigen Dreiklängen also keine bestimmte<br />

Funktion zu – der hoch- oder tiefalterierte Ton ist einfach Leitton, der in den nächstgelegenen<br />

höheren bzw. tieferen Halbton weiterzuführen ist.<br />

Schenker nennt dieselben zwei leitereigenen übermäßigen Dreiklänge wie Riemann (auf der<br />

III. <strong>und</strong> VI. Mollstufe), nur können bei ihm beide aufgr<strong>und</strong> ihrer Entstehung durch die Mischung<br />

von Dur <strong>und</strong> Moll in Dur <strong>und</strong> Moll vorkommen. Auf die Verwendung dieser übermäßigen<br />

Dreiklänge geht Schenker jedoch überhaupt nicht ein.<br />

Für Schönberg ist nur der übermäßige Dreiklang auf der III. Stufe in Moll leitereigen.<br />

Schönberg ist der Einzige der hier behandelten Autoren, der über die enharmonischen Verwechslungen<br />

des übermäßigen Dreiklangs <strong>und</strong> damit über seine Modulationsfähigkeit spricht.<br />

Für Schönberg ist der übermäßige Dreiklang ein Leittonklang, dessen Weiterführung offen ist –<br />

er kann in jeden Akkord aufgelöst werden.<br />

Tristanakkord<br />

Als „Tristanakkord“ wird der erste Akkord im Vorspiel zu Richard Wagners Oper Tristan <strong>und</strong><br />

Isolde 287 bezeichnet, er lautet f-h-dis 1 -gis 1 (Abb. 132). Amon bezeichnet ihn als „doppelt übermäßigen<br />

Sek<strong>und</strong>akkord“ 288 (Abb. 133); er ist enharmonisch dem halbverminderten Septakkord<br />

f-as-ces-es gleich.<br />

287 Richard Wagner: Tristan <strong>und</strong> Isolde, komponiert 1857-59, Uraufführung: 10. Juni 1865.<br />

288 Amon, Lexikon der Harmonielehre, S. 40.

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