19.01.2013 Aufrufe

Theorien erweiterter Tonalität und vagierender Akkorde

Theorien erweiterter Tonalität und vagierender Akkorde

Theorien erweiterter Tonalität und vagierender Akkorde

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

115<br />

Johannes Brahms: Intermezzo op. 117/2<br />

Takt 18-19 20 21-22 22.3 23<br />

Riemann Des-Dur (F 7 D 7 X VII )<br />

7 IÌ7<br />

Schenker Des-Dur V<br />

Schönberg Des-Dur V I<br />

ges-Moll: V<br />

-<br />

II<br />

o S<br />

IV Ì3<br />

I<br />

(C 7 )<br />

← →<br />

III Ì5<br />

VII<br />

o S 2> D 7<br />

ÌÌII oder II (phryg.)<br />

VI<br />

V IV III II V<br />

Der neapolitanische Sextakkord ist für Riemann eindeutig Stellvertreter der Subdominante bzw.<br />

IV. Stufe. Die Deutung als Mollsubdominante mit kleiner Obersek<strong>und</strong>e ( o S 2> ) <strong>und</strong> die Auffassung<br />

der beiden verminderten Dreiklänge in Takt 20 als Zwischendominanten 409 der Mollsubdominante<br />

lassen vermuten, dass Riemann die Takte 20 bis 22 als nur zu einer Harmonie gehörig<br />

interpretiert. Schenker <strong>und</strong> Schönberg sehen den neapolitanischen Sextakkord als Vertreter<br />

der II. Stufe an 410 , daher können sie – im Gegensatz zu Riemann 411 – den Übergang von Takt 20<br />

auf Takt 21 als Trugschluss in ges-Moll auffassen: Der verminderte Dreiklang f-as-ces (T. 20.3)<br />

bildet gemeinsam mit dem Eses-Dur-Dreiklang einen Trugschluss. 412<br />

Der verminderte Dreiklang as-ces-eses (T. 20.1) wird von Riemann als verkürzte „Zwischensubdominante“<br />

interpretiert. Schenker kann diesen verminderten Dreiklang in Des-Dur<br />

nicht durch eine Stufe darstellen, da für ihn ein verminderter Dreiklang auf der V. Stufe nicht<br />

möglich ist – auch nicht durch die Mischung von Des-Dur <strong>und</strong> des-Moll. 413 Nur die Annahme<br />

einer „Scheintonart“ ges-Moll – entsprechend Riemanns Zwischenkadenz zur Mollsubdominante,<br />

aber nur mithilfe einer zweiten Ebene darstellbar – würde für Schenker den verminderten<br />

Dreiklang as-ces-eses in Des-Dur rechtfertigen, als II. Stufe in ges-Moll. Vermutlich würde<br />

Schenker diesen verminderten Dreiklang (T. 20.1) aber als Vorhalt vor der IV. Stufe bezeichnen<br />

– bekräftigt durch seine betonte Stellung auf der Takteins –, wodurch auch die Tonikalisierung<br />

der IV. Stufe ges-heses-des durch ihre Dominante des-f-as-ces (Modell V-I, T. 18-20) klarer<br />

409 Für Riemann, der das Prinzip der „Zwischendominanten“ erf<strong>und</strong>en hat, kann jede „Dominante“ – also auch der<br />

verkürzte Unterseptimenakkord der Subdominante – auf den nachfolgenden Akkord bezogen werden (vgl. Kapitel<br />

„<strong>Theorien</strong> <strong>erweiterter</strong> <strong>Tonalität</strong> – Hugo Riemann“).<br />

410 Schenker versteht den neapolitanischen Sextakkord einerseits als tiefalterierte II. Stufe (der leitereigene verminderte<br />

Dreiklang will als Durdreiklang erscheinen), andererseits als entlehnt aus der Tonart der Mollsubdominante.<br />

(Die Tonikalisierung der vermollten IV. Stufe in Des-Dur (ges-Moll) nach dem Modell V-I (T. 18-19)<br />

würde die Herleitung Schenkers der neapolitanischen Kadenz als unvollständige Kadenz in der Tonart der<br />

Mollsubdominante bestätigen.) Schönberg lehnt die Auffassung des neapolitanischen Sextakkords als chromatische<br />

Umgestaltung ab (vgl. Kapitel „Neapolitanischer Sextakkord“).<br />

411 Wenn Riemann den neapolitanischen Sextakkord als Mollsubdominante mit kleiner Sext statt Quint ansieht,<br />

findet kein Trugschluss statt, denn der verkürzte Dominantseptakkord f-as-ces (T. 20.3) ist theoretisch auch die<br />

Dominante der Mollsubdominante mit kleiner Sext statt Quint (ges-heses-eses). Bei der Auffassung Riemanns<br />

des neapolitanischen Sextakkords als „Leittonwechselklang der Mollsubdominante“ (S>) wie im Handbuch der<br />

Harmonielehre würde Riemann die Stelle ebenfalls als Trugschluss deuten können.<br />

412 Die Harmoniefolge (des-)f-as-c – eses-ges-heses ist ein Trugschluss nach dem Modell V-VI in ges-Moll.<br />

413 In „Dur-Moll“ ergeben sich verminderte Dreiklänge auf der II., III., VI. <strong>und</strong> VII. Stufe (in Des-Dur-Moll: esges-heses,<br />

f-as-ces, b-des-fes <strong>und</strong> c-es-ges; vgl. Kapitel „<strong>Theorien</strong> <strong>erweiterter</strong> <strong>Tonalität</strong> – Heinrich Schenker“).<br />

V 7<br />

II<br />

T +<br />

I<br />

V<br />

I

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!