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Theorien erweiterter Tonalität und vagierender Akkorde

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Vagierende <strong>Akkorde</strong> – Verminderter Dreiklang<br />

seine Forderung im eigenen Notenbeispiel nicht: die Untersept h springt ins gis der Dominante<br />

(Abb. 53), wohl um einen vollständigen Dominantakkord zu erhalten.<br />

Der verminderte Dreiklang in der Funktion als verkürzter Dominantseptakkord unterstützt<br />

eine „schlechte, rauhe Klangwirkung“ 129 , deshalb soll er Riemanns Ansicht nach nur in Sequenzen<br />

<strong>und</strong> im dreistimmigen Satz gebraucht werden, oder wenn er durch Sek<strong>und</strong>fortschreitung<br />

erreicht <strong>und</strong> verlassen wird (Abb. 54).<br />

Abbildung 54: Verwendung des verminderten Dreiklangs in Sek<strong>und</strong>fortschreitung, in Sequenzen <strong>und</strong> im dreistimmigen<br />

Satz (Riemann, Handbuch der Harmonielehre, S. 146)<br />

Riemanns Aufgabenstellungen mit vermindertem Dreiklang zeigen, dass beide verminderten<br />

Dreiklänge – verkürzte Dominante <strong>und</strong> „verkürzte Subdominante“ – in Dur <strong>und</strong> in Moll eingesetzt<br />

werden können – gemäß Riemanns Gr<strong>und</strong>satz, dass die Mollsubdominante in Dur <strong>und</strong> die<br />

Durdominante in Moll erscheinen kann.<br />

Der verminderte Dreiklang der VII. Stufe – dargestellt durch das durchgestrichene Funktionszeichen<br />

des Dominantseptakkords – kommt in Riemanns Beispielen immer als Dominante<br />

zur Anwendung: hauptsächlich führt er zur Tonika; einmal folgt als Trugschluss die parallele<br />

Molltonart 130 , zweimal wird der verminderte Dreiklang von Riemann – der Dominante vorausgehend<br />

– als verkürzte Doppeldominante gebraucht. 131 Der verminderte Dreiklang der II. Stufe<br />

hat bei Riemann immer subdominantische Funktion: er führt meist in die Dominante, nur einmal<br />

folgt ihm die Tonika 132 ; viermal dient er als Vorbereitung des doppeldominantischen verminderten<br />

Septakkords 133 – nie jedoch wird der verminderte Dreiklang auf der II. Stufe bei<br />

Riemann als Zwischendominante eingesetzt.<br />

Im Kapitel über „Modulation durch chromatische Alteration“ zählt Riemann den verminderten<br />

Dreiklang zu den „charakteristischen Dissonanzen“ 134 <strong>und</strong> verwendet ihn zur Modulation:<br />

129 Riemann, Handbuch der Harmonielehre, S. 146. Riemann kritisiert hier Ernst Friedrich Richters Lehrbuch der<br />

Harmonie (1853), indem der verminderte Dreiklang seiner Meinung nach zu oft als Dominantseptakkord ohne<br />

Gr<strong>und</strong>ton gebraucht wird.<br />

130 Ebd., S. 185 (Bsp. 455).<br />

131 Ebd., S. 180 (Bsp. 133) <strong>und</strong> S. 224 (Bsp. 125).<br />

132 Ebd., S. 181 (Bsp. 428).<br />

133 Ebd., S. 224-227 (Bsp. 150, 166, 174, 181). In a-Moll: h-d-f – a-c-dis-fis.<br />

134 Ebd., S. 218 f. Zu den „charakteristischen Dissonanzen“ zählen bei Riemann hauptsächlich die Sept des Dominantseptakkords<br />

<strong>und</strong> die zum Durakkord hinzugefügte Sext (vgl. ebd., S. 141-151). Riemanns Auffassung des<br />

verminderten Dreiklangs (<strong>und</strong> des verminderten Septakkords) als „charakteristische Dissonanz“ lässt sich mit<br />

Schenkers „Eindeutigkeit“ von <strong>Akkorde</strong>n vergleichen.

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