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Theorien erweiterter Tonalität und vagierender Akkorde

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Johannes Brahms: Intermezzo op. 117/2<br />

Die vierte Quintfallsequenz im Intermezzo op. 117/2 beginnt bei Takt 65 (Abb. 198) <strong>und</strong> besteht<br />

aus Dominantseptakkorden <strong>und</strong> verkürzten Dominantseptakkorden mit verminderter Quint<br />

(bzw. übermäßigen Sextakkorden). Sie wird in Takt 62 bis 64 durch eine Terzfall-Quintfall-<br />

Sequenz (b-Ges 7 -Ces, Ces-As 7 -Des) eingeleitet. Die übermäßigen Sextakkorde innerhalb dieser<br />

Sequenz (T. 65.3 <strong>und</strong> T. 66.3) werden von Riemann, Schenker <strong>und</strong> Schönberg ähnlich interpretiert,<br />

allerdings ist hier wieder Riemanns Problem beim Darstellen von Sequenzen innerhalb<br />

einer Tonart auffällig. 425 Für Schenker dienen die beiden übermäßigen Sextakkorde (T. 65.3 <strong>und</strong><br />

T. 66.3) zur „Tonikalisierung“ des folgenden Akkords nach dem Muster „II+V – V“.<br />

Schönberg ist der Einzige der drei, der über den Vorzeichenwechsel in Takt 66 hinwegsehen<br />

kann, denn dieser dient hier nur zur einfacheren Lesbarkeit der <strong>Akkorde</strong>. 426 Riemann <strong>und</strong><br />

Schenker können diese zur Vereinfachung gedachte enharmonische Umdeutung (T. 66.3, c-eais<br />

statt deses-fes-b <strong>und</strong> T. 67-68, h-dis-fis-a statt ces-es-ges-heses) in derselben Tonart nicht<br />

darstellen.<br />

425 Die Darstellung Riemanns der Sequenz ab Takt 65 ist äußert komplex, erlaubt aber teilweise Rückschluss auf<br />

fallende Quinten – etwa dann, wenn man sich in Takt 65 <strong>und</strong> 66 die nach den Zwischendominanten erwarteten<br />

Funktionen (in den eckigen Klammern) ansieht: Die Folge o Dp – o Tp – o Sp lässt Quintfall erkennen. Diese<br />

eckigen Klammern Riemanns sind hier irreführend, da sie auf Trugschlüsse schließen lassen, die in Wirklichkeit<br />

nicht stattfinden: z.B. wird in Takt 65 nach dem übermäßigen Sextakkord eses-g-c Des-Dur erwartet ( o Tp<br />

in b-Moll); diese Annahme wird auch nicht enttäuscht, denn es folgt der Dominantseptakkord auf des.<br />

Riemanns Interpretation des übermäßigen Sextakkords als Alteration der Mollsubdominante ist hier gut<br />

brauchbar, da mithilfe dieser „Zwischenkadenzen“ zwei fallende Quinten dargestellt werden können.<br />

426 Statt c-e-ais müsste eigentlich deses-fes-b, statt h-dis-fis-a sollte ces-es-ges-heses notiert sein.<br />

Allerdings kann in Schönbergs zusatzloser Stufenbezeichnung nicht erkannt werden, dass die Kadenz in Takt<br />

67 bis 73 in engem Zusammenhang mit der „neapolitanischen Kadenz“ in Takt 21 bis 23 steht: Ces-Dur (bzw.<br />

die enharmonische Verwechslung H-Dur) ist erniedrigte II. Stufe in b-Moll, dadurch ergibt sich ähnlich wie in<br />

Takt 21 eine Kadenz mit erniedrigter II. Stufe, Dominantseptakkord <strong>und</strong> Durtonika als Einleitung für das zweite<br />

Thema. (Auch der Wiederholung des zweiten Themas (T. 31 f.) geht eine Kadenz mit erniedrigter II. Stufe<br />

voraus (T. 29 <strong>und</strong> 30).)

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