Jahresbericht Jugend 2011 - Landeskriminalamt Niedersachsen
Jahresbericht Jugend 2011 - Landeskriminalamt Niedersachsen
Jahresbericht Jugend 2011 - Landeskriminalamt Niedersachsen
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
<strong>Jahresbericht</strong> <strong>Jugend</strong>kriminalität und <strong>Jugend</strong>gefährdung in <strong>Niedersachsen</strong> <strong>2011</strong><br />
derjährigen höher ist als bei den Jungen, bedingt durch die Angst der Erziehungsberechtigten,<br />
dass das Mädchen Opfer einer Straftat werden könnte.<br />
2.300 Minderjährige waren aus Heimen oder sonstigen Einrichtungen abgängig, oft mehrfach.<br />
In fast 1.184 Fällen verschwanden die Minderjährigen aus dem Elternhaus. Vielfach<br />
handelte es sich dabei um kurzfristige Abwesenheiten der Minderjährigen bzw. Überschreitungen<br />
der Ausgangsfristen. Überwiegend kehrten die Vermissten freiwillig zurück oder wurden<br />
nach Fahndungsausschreibungen der Polizei im örtlichen Bereich bzw. im Bundesgebiet<br />
aufgegriffen und zurückgeführt. In diesen Fällen wird eng mit den zuständigen <strong>Jugend</strong>ämtern<br />
zusammen gearbeitet.<br />
Die Bearbeitung von Vermisstenfällen ist sehr zeitintensiv, da die Motive für das Weglaufen<br />
nicht immer offensichtlich sind. Dennoch muss jeder Fall ernst genommen werden.<br />
Fallbeispiele:<br />
• Ein 13-Jähriges Mädchen ist <strong>2011</strong> insgesamt sieben Mal aus dem Heim bzw. der <strong>Jugend</strong>psychiatrie, in der<br />
sie sich auf Weisung des <strong>Jugend</strong>amtes aufhielt, zu ihrem Freund „nach Hause“ weggelaufen. Zudem beging<br />
sie eine erhebliche Anzahl von Straftaten.<br />
• Eine 17-jährige Syrerin wurde von ihren Eltern als vermisst gemeldet und war für 6 Wochen untergetaucht.<br />
Der Grund war ein 21-jähriger Deutscher, mit dem sie zusammen sein wollte. Die Eltern waren dagegen, sie<br />
zog aber trotzdem zu dem jungen Mann. Als ihre Eltern vor der dortigen Wohnung erschienen, tauchte sie mit<br />
ihrem Freund unter. Die Polizei konnte telefonischen Kontakt mit der 17-Jährigen aufnehmen und sie folgte<br />
dem Rat des ermittelnden Polizeibeamten, sich mit dem <strong>Jugend</strong>amt in Verbindung zu setzen. Die Hilfe des<br />
<strong>Jugend</strong>amtes wurde aber nicht angenommen. Es fand daraufhin ein Familientreffen statt und die 17-Jährige<br />
blieb in der Familie, die 1 Woche später mit ihr ins Ausland ausreiste.<br />
• Eine Mädchenwohngruppe eines freien Trägers war in wechselnder Beteilung mehrfach abgängig. Mehrere<br />
Mädchen wurden Opfer verschiedener Straftaten.<br />
• Tragisch endete die Suche nach einem 7-jährigen Jungen auf einem landwirtschaftlichen Anwesen. Nach<br />
sehr aufwändigen und breit angelegten Suchmaßnahmen fand man den Leichnam des Jungen schließlich in<br />
einer mit Wasser gefüllten Kammer der Hauskläranlage. Die weiteren Ermittlungen konnten ein Fremdverschulden<br />
weitestgehend ausschließen. Offenbar hatte der Junge eine Eisenplatte, mit der die Schachtöffnung<br />
der Klärkammer abgedeckt wird, selber angehoben und war dann in die Sickergrube gestürzt und dort ertrunken.<br />
• Die 16-jährige Schülerin wird durch die leibliche, getrennt lebende Mutter als vermisst gemeldet. Zum leiblichen<br />
Vater hält die Vermisste keinen Kontakt mehr; zumal dieser in dritter Ehe verheiratet ist. In der Vergangenheit<br />
war die Schülerin längere Zeit in der Kinder- und <strong>Jugend</strong>psychiatrie untergebracht gewesen. In der<br />
aktuellen Vermisstensache nimmt die <strong>Jugend</strong>liche eine Überdosis an Schmerztabletten (nicht lebensbedrohlich)<br />
und kann bei einer Freundin ermittelt werden. Es erfolgt eine erneute Einweisung in die Psychiatrie.<br />
In der Regel meldeten die Dienststellen jedoch, dass die meisten Minderjährigen innerhalb<br />
kürzester Zeit wieder zurückgekommen sind bzw. wurden aufgegriffen wurden.<br />
Die Motive für das Verlassen des Elternhauses oder Heims sind zumeist in der persönlichen<br />
Biographie der Kinder / <strong>Jugend</strong>lichen begründet und häufig für Außenstehende nicht nachvollziehbar<br />
oder erklärbar. Neben den bekannten Erziehungs-, Generations- oder Schulproblemen<br />
wirken sich auch häufig zerrüttete Familienverhältnisse, Abenteuerlust oder Beziehungsprobleme<br />
entsprechend aus.<br />
In Fällen, in denen der Polizei die Motive bekannt geworden sind, wurden am häufigsten<br />
familiäre Probleme und Abenteuerlust angegeben. In vielen Fällen bleibt jedoch die<br />
Motivation ungeklärt bzw. werden sonstige Gründe angegeben.<br />
Die Bearbeitung von Vermisstensachen Minderjähriger ist in den „Leitlinien für die polizeiliche<br />
Bearbeitung von <strong>Jugend</strong>sachen“ geregelt.<br />
<strong>Landeskriminalamt</strong> <strong>Niedersachsen</strong><br />
Dezernat 32, Zentralstelle <strong>Jugend</strong>sachen<br />
90