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Ethnographische Parallelen und Vergleiche - Centrostudirpinia.It

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2 Besessene <strong>und</strong> deisteskranke.<br />

herrschen. Während nun aber über die Entstehung von Körper-<br />

krankheiten bei denselben <strong>und</strong> deren Heilung eine reiche Litteratur<br />

vorhanden ist, finden wir die Geisteskrankheiten vernachlässigt, so<br />

daß selbst E. B. Tylor, der am eingehendsten den Animismus behandelte,<br />

dieses Thema kaum gestreift hat. Aus diesem Gr<strong>und</strong>e<br />

halte ich es für geboten, hier eine Anzahl typischer Beispiele für<br />

dieses Kapitel von der Geisterlehre primitiver Völker beizubringen<br />

<strong>und</strong> daran solche Anschauungen von Kulturvölkern zu schließen,<br />

welche auf der gleichen Basis erwachsen sind <strong>und</strong> die ihre Über-<br />

lebsel unter uns noch erkennen lassen, sei es auch nur in dem Sprich-<br />

worte: „Kinder <strong>und</strong> Narren reden die Wahrheit."'<br />

Daß derartige Anschauungen früher allgemein auch bei uns in<br />

Deutschland verbreitet waren <strong>und</strong> geglaubt wurden, erkennen wir<br />

aus mancherlei Märchen <strong>und</strong> Sagen, von denen ich hier nur zwei<br />

aus Pommern mitteilen will. Eine Bauersfrau in Rügen, die schon<br />

erwachsene Kinder hatte, kam von neuem in gesegnete Umstände.<br />

Da ergriff sie Scham <strong>und</strong> Zorn <strong>und</strong> wütend rief sie aus: „Hol der<br />

Teufel die Erucht meines Leibes zur Hölle". Da kam plötzlich eine<br />

abscheuliche, große, schwarze Brummfliege durch den Schornstein<br />

summend herab <strong>und</strong> fuhr der erschrockenen Erau in den M<strong>und</strong>.<br />

Von der Zeit an war das Weib vom Teufel besessen <strong>und</strong> von schrecklichen<br />

Gewissensbissen geplagt, denn das Kind, das sie zur Welt<br />

brachte, war eine elende Mißgeburt. Als sie aber zum Abendmahle<br />

ging, wurde des Teufels Macht in ihr schwächer <strong>und</strong> schwächer, bis<br />

er sein Opfer endlich ganz verlassen musste. Die zweite Geschichte<br />

handelt vom Besessenen in Folzin, aus dem der böse Geist nicht<br />

weichen wollte. Da ging er zum Pastor, der betete mit ihm <strong>und</strong><br />

siehe da, da sprang ihm etwas aus dem M<strong>und</strong>e, das sah aus wie ein'<br />

Erosch. Der Pastor gebot ihm jeden Morgen zu beten, da werde<br />

der Böse ihm stets fern bleiben. PLinmal aber, als der Mann früh<br />

zur Mühle ging, vergaß er das Beten. Da kam unterwegs ein großer<br />

schwarzer Kerl auf ihn zu <strong>und</strong> sprach: „Nu bin ik wedder dar!"<br />

<strong>und</strong> fuhr ihm in den M<strong>und</strong> hinein. Nichts vermochte ihn jetzt wieder<br />

zu vertreiben.''<br />

Hier ist also die Gr<strong>und</strong>anschauung, daß der Besessene von<br />

einem bösen Geist bewohnt ist <strong>und</strong> diese erscheint häufig genug<br />

' Und so bei den Franzosen: Un fou enseigne bien un sage, oder süditalienisch:<br />

Su maccu imparat su sabiu.<br />

* Jahn, Volkswagen aus Pommern <strong>und</strong> Rügen. No. 547. 548.

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