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Ethnographische Parallelen und Vergleiche - Centrostudirpinia.It

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gO<br />

Spiele.<br />

Damen weniger Beschäftigung gewahrte als unseren mit „Modepuppen''<br />

spielenden Kleinen. Da sind in den Museen rohere <strong>und</strong><br />

CTröbere Puppen aus Holz <strong>und</strong> Thon neben feineren aus Wachs <strong>und</strong><br />

Elfenbein vorhanden. Die Puppenstube mit ihrer Bleiausstattung,<br />

die Geldbüchse aus Thon mit ihrem kleinen Spalt zur Aufnahme<br />

vereinzelter Drachmen <strong>und</strong> Sestertien, die Nachbildungen von Kühen,<br />

Pferden <strong>und</strong> Schweinen — wie aus Nürnberg! — waren den Kindern<br />

im klassischen Altertum so vertraut wie unseren eigenen. Im Va-<br />

tikan werden zahlreiche Spielsachen aufbewahrt, die in den römi-<br />

schen Katakomben aufgef<strong>und</strong>en wurden. Darunter Elfenbeinpuppen<br />

(crep<strong>und</strong>ia) mit beweglichen Gliedern; solche im Museum Carpegna,<br />

aus den Katakomben der Priscilla stammend.<br />

Sardes, Lydiens Hauptstadt, war im Altertum wegen der An-<br />

fertigung von Spielzeug berühmt, wie heute bei uns Sonneberg oder<br />

Nürnberg. In jener Gegend wurden viele Terracottasachen gef<strong>und</strong>en,<br />

die nicht geringen Geschmack in der Nachahmung natürlicher Modelle<br />

zeigen. Miniaturpferde, Vieh, H<strong>und</strong>e, Fische, Hühner, Löwen,<br />

Hirsche, Esel, Puppen, deren Arme <strong>und</strong> Beine durch einen Zugfaden<br />

bewegt werden konnten, komische Figuren nach Art der Harlekins,<br />

mißgestaltete Neger — dazu allerhand anderes Spielzeug, welches<br />

den Vergleich mit unseren modernen Sachen aushält.<br />

Sehen wir so die Puppen überall bei den Kindern des Alter-<br />

tums verbreitet, so liegt wohl der Schluß nahe, daß die Puppen,<br />

mit denen heute die Kinder aller europäischen Kulturvölker spielen, als<br />

direkte F'ortsetzungen jener zu betrachten sind. Und doch glaube ich<br />

dieses nicht, denn die Vorfahren der heutigen Franzosen, Deutschen<br />

u. s. w. haben sicher ihren Kindern unabhängig von Römern <strong>und</strong><br />

Griechen Puppen in die Hände gedrückt oder die Kleinen haben<br />

selbst sich Puppen geschaffen. Die Puppe ist das erste <strong>und</strong> natür-<br />

lichste Spielzeug des Kindes, des Mädchens zumal, welches im<br />

Nachahmungstriebe, Mütterchen spielend, sich einen beliebigen pas-<br />

senden Gegenstand zur Puppe umwandelt. Ja so sehr ist dieses<br />

durchgreifend, daß darunter die Gebote des Islam leiden. Körperliche<br />

Darstellungen verbietet der Koran, doch das mohammedanische<br />

Kind läßt sich darum die Puppe nicht rauben ' <strong>und</strong> Aischa, des Pro-<br />

pheten Mohammed neunjährige Gemahlin zog mit ihren Puppen in dessen<br />

Harem <strong>und</strong> der heilige Mann pflegte selbst mit denselben zu spielen.^<br />

' VAN I.ENNEP, Bibk Lands. London, 1875- !!• 574-<br />

2 J. Braun, Gemälde d. mohammed. Welt. Leipzig, 1870. S'-

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