Ethnographische Parallelen und Vergleiche - Centrostudirpinia.It
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Der Donnerkeil.<br />
so steckt man den Finger durch das Loch des Steinhammers, dreht<br />
denselben dreimal herum <strong>und</strong> wirft ihn mit Gewalt gegen die Stuben-<br />
thür ; dann bleibt das Haus vor Blitzschlag bewahrt. ' In Westfalen<br />
legt man bei heranziehendem Gewitter den Donnerkeil, welcher nun<br />
zu schwitzen anfängt, neben eine geweihte Kerze auf den Tisch, so<br />
Christliches <strong>und</strong> Heidnisches vermischend. ^<br />
In Böhmen glaubt man, daß der Donner in Form einer Kugel<br />
in die Erde schlägt <strong>und</strong> diese Kugel hat unsichtbar machende Kraft.<br />
Die alten Weiber, welche sich dort mit dem Besegnen <strong>und</strong> Besprechen<br />
abgeben, besitzen solche Donnerkeile, die sie von ihren Vorfahren<br />
ererbt haben <strong>und</strong> beim Besprechen verwenden. 3<br />
Bei den Slaven Mährens haben Koudelka <strong>und</strong> Jeitteles, zahl-<br />
reiche Beispiele vom Glauben an den Donnerstein gesammelt, der<br />
auch hier nach sieben Jahren aus der Tiefe wieder an die Oberfläche<br />
emporkommt. Man bewahrt ihn in den Bauerhäusern <strong>und</strong> trennt<br />
sich nur ungern von demselben. Geben die Kühe wenig Milch, so<br />
bestreicht man das Euter mit dem Stein; Warzen bei Menschen<br />
oder Pferden vor Sonnenaufgang mit dem Stein gestrichen, verschwin-<br />
den; er hilft gegen den Kropf <strong>und</strong> schützt, als Amulet getragen,<br />
vor jedem Ungemach. Ein Wurf mit dem Donnerkeil tötet augen-<br />
blicklich; von ihm abgeschabtes Pulver heilt Kinderkrankheiten; an<br />
den Passionstagen hat der Stein die Macht den Ort vergrabener<br />
Schätze dem Sucher zu verraten. ^<br />
Wie im Gebiete der Juraformation der fingerförmig gestaltete<br />
Belemnit (Teufelsfinger) stellvertretend für das prähistorische Stein-<br />
gerät eintritt <strong>und</strong> vom Volke mit diesem' verwechselt wird, so an<br />
der Nordseeküste die versteinerten Echiniten. Das Volk nennt sie<br />
dort ,.Grummelsteene", ,,Adlersteine", „Gosarensteene'' (Gänseadler-<br />
steine) <strong>und</strong> Krallensteine, weil Adler sie, als sie noch weich waren,<br />
mit ihren Krallen erfaßt <strong>und</strong> dadurch geformt <strong>und</strong> gezeichnet haben<br />
sollen. Wer diesen Stein beim Gewitter auf den Tisch legt, wird<br />
nicht vom Blitze getroffen.<br />
So ist der Glauben an übernatürliche Kräfte <strong>und</strong> himmlischen<br />
Ursprung der Steingeräte auch bei anderen germanischen Völkern<br />
verbreitet; der englische Bauer nennt sie th<strong>und</strong>er-axes ^ <strong>und</strong> gleiche<br />
1 Frischbier a. a. O. 107.<br />
2 H. Hartmann, Bilder aus Westfalen. Osnabrück, 1871, 144.<br />
3 Grohmann, Aberglauben aus Böhmen Nr. 209, 1087.<br />
4 Mitteilungen der Anthropologischen Gesellschaft in Wien. XII. 159. (1882.)<br />
5 E. B. Tylor, Early history of mankind. 223.<br />
Andree, <strong>Parallelen</strong>. N. F.<br />
3<br />
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