Ethnographische Parallelen und Vergleiche - Centrostudirpinia.It
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Beschneidung. 20/<br />
Zeit nur ein Stammeszeichen, das erst während des Exils sich zu<br />
einem Symbole gestaltete.<br />
Wie bei vielen Gebräuchen, wo die Form geblieben <strong>und</strong> der<br />
Sinn verloren gegangen ist, hat man auch über den Zweck <strong>und</strong> die<br />
Bedeutung der Beschneidung die verschiedenartigsten Mutmaßungen<br />
aufgestellt. Richard Burton, von der Zirkumzision in Dahome<br />
sprechend, giebt sogar an: removal of the prepuce blunts the sensitivness<br />
of the glans penis and protracts the act of Venus.' Wir<br />
lassen das dahingestellt <strong>und</strong> erwähnen, daß die Beschneidung bei<br />
den Afrikanern wohl als ein Analogon der Stammeszeichenerteilung<br />
(Einritzen der Hautnarben, Feilen oder Ausbrechen der Zähne) be-<br />
trachtet wurde, da sie unter ähnlichen Zeremonien zur Zeit der<br />
Pubertät vorgenommen wird. Allein die verborgene Stelle, an der<br />
man sie ausführt, vermag unmöglich die Anschauung, als sei sie ein<br />
Stammeszeichen am Körper, zu unterstützen, insofern als dies Zeichen<br />
doch kenntlich für andere sein muß <strong>und</strong> anderweitig gewöhnhch im<br />
Gesichte getragen wird.<br />
Die Ansicht, daß das Abschneiden der Vorhaut ein Opfer für<br />
die Götter sei, ja sogar ein Surrogat für die denselben dargebrachten<br />
Menschenopfer, ist wiederholt ausgesprochen worden <strong>und</strong> erscheint<br />
wenigstens für Amerika begründet. Das Blut, von irgend einem<br />
Körperteile entnommen, wurde in Yukatan <strong>und</strong> Nicaragua von den<br />
Oberpriestern auf die Götterbilder gestrichen, geradeso wie das Blut<br />
der Menschenopfer, mit dem man in Peru Tempelthüren <strong>und</strong> Sta-<br />
tuen bestrich. In Yukatan <strong>und</strong> Nicaragua <strong>und</strong> bis an den Orinoko<br />
beschnitt man so teils die Zunge, teils die Schamteile, bei den Toto-<br />
naken Ohren <strong>und</strong> Schamteile, man sprengte in Nicaragua das Blut<br />
aus den Zeugungsteilen auf Mais, der dann verteilt <strong>und</strong> unter großen<br />
Feierlichkeiten gegessen wurde. Bei den Azteken wurde bloß ein<br />
Einschnitt auf der Brust der seit einem Jahre geborenen Knaben<br />
sowohl als Mädchen am Hauptfeste des Huitzlipochtli gemacht, wo-<br />
durch dieselben diesem Gotte geweiht wurden.^ Als Sühnopfer er-<br />
scheint Beschneidung auf den F^idschiinseln.<br />
Für die hier bezeichneten Völker scheint es mir ganz sicher,<br />
daß die Opferidee das maßgebende <strong>und</strong> die Ursache der Einführung<br />
der Beschneidung ist. Wäre in Amerika der noch später zu erwäh-<br />
nende <strong>und</strong> bei den meisten Völkern vorhandene Hauptzweck, nämlich<br />
1 Mem. read before the Anthropol. Soc. I. 318.<br />
2 Oben Sehe 201. 203 <strong>und</strong> Müller, Amerik. Urreligionen. 479.