Ethnographische Parallelen und Vergleiche - Centrostudirpinia.It
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Das Zeichnen bei den Naturvölkern. 6q<br />
ist hier ein gewisser Stil vorhanden, der sich namenth'ch bei der<br />
Zeichnung der Rentiere offenbart, also desjenigen Tieres, das am<br />
meisten mit dem Haushalt <strong>und</strong> dem Leben jener nordischen Völker<br />
verknüpft ist. Das Rentier auf der Zaubertrommel des Lappen <strong>und</strong><br />
auf dem VValroßzahn, den der Eskimo gravierte, ist mit einer großen<br />
Übereinstimmung gezeichnet, die nicht bloß durch die natürliche<br />
(zoologische) Erscheinung dieses Hirsches bedingt ist. Schon die<br />
Zeichnungen, welche der alte Scheffer von den bedeutungsvollen<br />
<strong>und</strong> gedeuteten Figuren auf den lappischen Zaubertrommeln giebt,<br />
noch mehr die Abbildungen bei von Düben^ beweisen dieses deutlich,<br />
wenn man sie mit den weiter unten angeführten Eskimopiktographien<br />
zusammenhält. Der Lappe ist nach den genannten Autoren ein ge-<br />
schickter Zeichner, der auf Rinde oder Fell sofort eine Figur ent-<br />
wirft, die alle charakteristischen Züge enthält. Allerdings gelingt<br />
ihm die menschliche Figur weniger gut, das Tier aber weit besser,<br />
namentlich das Ren. Die hier (Taf. II, Fig. 2) wiedergegebene Jagd<br />
(nach G. v. Düben, 347) ist in Einviertel-Größe des Originals repro-<br />
duziert. Sie stellt die Erlegung eines Rudels Wölfe dar <strong>und</strong> ist von<br />
dem Sorselelappen Jon Andersson Grahn 1868 gezeichnet worden.<br />
Geradeso wie bei den weiter östlich lebenden Völkern bis zu<br />
den Eskimo hin, überwiegt bei den Lappen die Darstellung der Fi-<br />
guren <strong>und</strong> tritt das Ornamentale zurück. Das tägliche Leben, die<br />
Jagden, der Fischfang, die Schlittenfahrten, die Menschen stehen im<br />
Vordergr<strong>und</strong>. Zwischen Lappen <strong>und</strong> Eskinr.o fallen die Tschuktschen<br />
geographisch in die Mitte, <strong>und</strong> über deren künstlerische Begabung<br />
sind wir durch die Vega-Expedition gut unterrichtet. 3 Nordenskiöld<br />
traf dieses Volk noch so gut wie im Steinalter, fast unberührt von<br />
europäischen Einflüssen, so daß gerade die ersten künstlerischen<br />
Regungen bei ihnen für Kunsthistoriker <strong>und</strong> Altertumsforscher von<br />
Interesse sein mußten. Wir sehen sie sowohl als Zeichner wie als<br />
Bildschnitzer auftreten <strong>und</strong> in beiden Fällen überrascht eine gute,<br />
durch die Beobachtung der Natur bedingte Charakterisierung der<br />
Figuren, auch hier wieder mehr der Tiere als der Menschen. „Die<br />
tschuktschischen Zeichnungen", sagt Nordenskiöld, „sind grob <strong>und</strong><br />
plump ausgeführt, doch verraten viele von ihnen eine gewisse Sicher-<br />
1 SCHEFFERi, Lappland. Frankfurt a. M. u. Leipzig, 1675. i43- i44-<br />
2 Om Lappland och Lapparne. 91. 347. Tafel 7 u. 8.<br />
3 Nordenskiöld, Die Umseglung Asiens <strong>und</strong> Europas auf der Vega. Leipzig<br />
1882. IL 132. <strong>und</strong> mehr bei H. HiLDEERAiND, De lägre naturfolkens konst a. a. O.