Ethnographische Parallelen und Vergleiche - Centrostudirpinia.It
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Beschneiduiit;. 1 89<br />
Die jüdische Auffassung als könnten die Ägypter von den Juden<br />
die Beschneidung gelernt <strong>und</strong> angenommen haben, ist aber noch<br />
aus anderen Gründen als aus dem angeführten, welcher die Priorität<br />
für die Ägypter darthut, völlig zu verwerfen. Zwischen beiden Völ-<br />
kern fand von allem Anfange an eine gründliche Trennung <strong>und</strong> ein<br />
scharfer Gegensatz statt. Hirten waren den Ägyptern ein Greuel,<br />
wie Joseph selbst sagte. Ägypter <strong>und</strong> Hebräer speisten gesondert,<br />
„denn die Ägypter dürfen nicht Brot essen mit den Hebräern."'<br />
Von dem stolzen, auf hoher Stufe stehenden ägyptischen Volke, das<br />
in langer Kulturepoche seine Sitten <strong>und</strong> Gebräuche damals bereits<br />
fest ausgebildet hatte, wird sicher die Beschneidung nicht von dem<br />
verachteten <strong>und</strong> niedriger stehenden Hirtenvolke angenommen wor-<br />
den sein.<br />
Echte Nachkommen der alten Ägypter sind die Kopten, <strong>und</strong><br />
wenn wir bei ihnen, den Christen, Beschneidung finden, so läßt sich<br />
diese wohl als ein Erbteil ihrer Urväter auffassen. Wie mir Pastor<br />
LüTTKE in Schkeuditz fre<strong>und</strong>lichst mitteilt, findet bei diesem Volke<br />
die Zirkumzision im sechsten, siebenten oder achten Jahre statt,<br />
doch binden sie sich daran nicht <strong>und</strong> die Zeit wechselt vom zweiten<br />
bis zum zwanzigsten Jahre. Die Zeremonie gilt bei ihnen nicht als<br />
religiöse Handlung <strong>und</strong> hat mit der Taufe nichts zu thun, ist auch<br />
ganz verschieden von jener der Juden.<br />
Abessinien. Geographisch anschHeßend haben wir hier die<br />
Abessinier zu erwähnen. In ihrem Christentume, sowie in Sitten<br />
<strong>und</strong> Gebräuchen, ist viel Jüdisches vorhanden, was historisch leicht<br />
erklärbar. Ihre Dynastien leiten sich von Salomo ab, ihre Speise-<br />
gesetze stimmen in manchen Stücken mit den jüdischen, der jüdische<br />
Sabbath wird in ganz Abessinien streng gehalten <strong>und</strong> vom zehnten<br />
bis zum zwölften Jahrh<strong>und</strong>ert herrschte eine jüdische Dynastie im<br />
Lande. Unter diesen Umständen erscheint es nicht unmöglich, daß<br />
die Beschneidung in Abessinien von den Juden eingeführt wurde,<br />
wiewohl sie dort ebensogut uralt afrikanischer Brauch sein kann.<br />
Keineswegs aber hat sie heute dort religiöse Bedeutung.^ Nach<br />
Dr. Courbon 3 fände die Beschneidung am achten Tage bei den<br />
Knaben statt, was also auffallend mit dem jüdischen Brauche stimmt.<br />
Gleichzeitig wird den Mädchen die Klitoris abgetragen <strong>und</strong> zur<br />
1 I Mos.. 46, 33 <strong>und</strong> 43, 32.<br />
2 W. MUNZINGER, Ostafrikanische Studien. 144.<br />
3 Observat. topogr. et medic. recueillis dans un voyage en Abyssinie. Paris, 1861.<br />
Bull. S(5C. d'Anthrop. IIT. 15. (1862.)