Ethnographische Parallelen und Vergleiche - Centrostudirpinia.It
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Der Donnerkeil.<br />
Anschauungen herrschen bei den Slaven. Nach dem Glauben der<br />
Wenden in der Lausitz ist das prähistorische Steingerät ein Ge-<br />
witterstein (njevvjedraskowy kamen). Er ist gut gegen Krankheiten<br />
<strong>und</strong> dient zum Besprechen. Bei Haisleiden drückt man ihn an den<br />
Hals; hat man Seitenstechen, so trinkt man abgefeilte Stückchen<br />
davon in Wasser. Die Löcher in diesen hochgehaltenen Steinen hat<br />
der Blitz geschlagen.'<br />
Der Südslave unterscheidet nicht zwischen prähistorischer Axt<br />
<strong>und</strong> Donnerkeil; beide nennt er strelica (Pfeilchen) oder nebeska<br />
strelica (Himmelspfeilchen). Ihr Besitz bringt Glück <strong>und</strong> Gedeihen<br />
in allen Geschäften <strong>und</strong> man trägt sie bei sich. -<br />
Durch ganz Polen herrscht der Aberglaube, daß die Donner-<br />
keile, hier Keile aus Feuerstein, unter die Schwelle eines neugebauten<br />
Hauses gelegt werden, um dieses vor Blitzschlag zu sichern. Nur<br />
ungern trennt sich der Litauer von solchen mit magischer Kraft<br />
ausgestatteten Steinen. Etwas abgekratztes Pulver von denselben in<br />
Branntwein genommen, heilt von verschiedenen Leiden, die Bauers-<br />
frauen legen ihn in den Backtrog, weil dann das Brot besser gerät.3<br />
Auch den Letten ist das Steingerät vom Gewitter herabgeschleudert;<br />
es heißt bei ihnen Perkuno akmu, des Perkun (?) oder Donners<br />
Stein, auch Perkuna lohde <strong>und</strong> Perkuno kulka, Donnerkugel. Hier<br />
ist der auch in Deutschland verbreitete Glaube vorhanden, daß der<br />
Stein mit dem Blitze in die Erde fährt <strong>und</strong> nach sieben Tagen wieder<br />
an die Oberfläche kommt. Er schützt vor Blitzschlag, die Milch vor<br />
Sauerwerden <strong>und</strong> heilt kranke Glieder.'*<br />
Daß dieselbe Anschauung auch bei finnischen Völkern verbreitet<br />
ist, dafür sprechen die iSeläge von den Esten. In seinem zu Ende<br />
des 17. Jahrh<strong>und</strong>erts erschienenen, ungemein inhaltreichen Werke:<br />
„Der einfältigen Esthen abergläubische Gebräuche", schreibt der alte<br />
Pastor JoH. Woi.FGANG Boecler: „Wann sie (die Esten) zum ersten<br />
Male donnern hören, ergreifen sie einen Stein <strong>und</strong> schlagen sich<br />
damit dreimal an Kopf, dann sollen sie in selbigem Jahre von allem<br />
Hauptweh befreit sein". Daß es sich hier um ein prähistorisches<br />
Steingerät handelt, erkennen wir aus dem Kommentar, welchen<br />
Kreutzwald zu dieser Stelle giebt. In Werroschen findet das Experiment<br />
noch mit solchen statt, der Kopf wird dadurch steinhart <strong>und</strong><br />
' W. V. Scnui.ENiUKG, Wendische Volkssagen. Leipzig, 1880. 270.<br />
2 Kkauss in Mitteilungen der Anthropol. Ges. in Wien. 1886. 152.<br />
3 KonN <strong>und</strong> Mehlis a. a. 0. I. 355.<br />
4 Mannhardt in Zeitschrift für Ethnologie. 1875. 294.