Kommunale Aufsichtsratsmitglieder: Rechte, Pflichten, Haftung
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„Er (Anm: der III. Senat des OVG NW) hat das Abberufungsrechts als Korrelat des Weisungsrechts<br />
bezeichnet, das dem Rat gegenüber den Gemeindevertretern in den Organen einer juristischen Personen<br />
zusteht (Vgl. § 55 Abs. 2 S. 2 GO) und es als „das äußerste Mittel zur Wahrung der Interessen” der<br />
Gemeinde „in Fällen des Ungehorsams” verstanden .... Gestützt darauf hat das VG Düsseldorf (Beschluß<br />
vom 27.5.81 -1 L 274/81-) die Auffassung vertreten, daß die Vertreter der Gemeinde „nur aus sachlichen,<br />
im Zusammenhang mit ihrem Amt stehenden Gründen” abberufen werden dürfen. Ob diese einschränkende<br />
Auslegung mit dem Wortlaut des § 55 Abs. 2 S. 3 GO vereinbart werden kann, hat der Senat bisher nicht<br />
entschieden...Auf eine Vertiefung der Frage kann auch im Rahmen der vorliegenden Entscheidung verzichtet<br />
werden.<br />
... so ist dessen Ausübung „Ausübung des Abberufungsrechts” in das Ermessen des Rates gestellt. Grenzen<br />
der dem Rat damit zugewiesenen weitreichenden Entscheidungsfreiheit können sich so betrachtet - von dem<br />
allgemeinen Mißbrauchs- und Willkürverbot abgesehen - nur aus anderen kommunalrechtlichen<br />
Bestimmungen ergeben. Zu diesen Vorschriften gehört u.a. ... mit dem dort verankerten Prinzip der Verhältniswahl”<br />
423 .<br />
Damit begründet das OVG, daß allein die Änderung der Mehrheitsverhältnisse im Rat die Abberufung nicht<br />
rechtfertigen kann 424 . Durch das durchweg vorzufindende Prinzip der Verhältniswahl wird dem Ermessen zur<br />
Abberufung eine Grenze gesetzt, weil durch die Verhältniswahl eine proportionale Verteilung der<br />
Aufsichtsratsmandate vorgesehen ist.<br />
11.4.2. Abberufung bei Nichtbeachtung von Weisungen<br />
Weiterhin stellt sich die Frage, ob ein Aufsichtsratsmitglied abberufen werden kann, wenn es die Weisung der<br />
Gemeinde nicht befolgt hat, weil diese nach Gesellschaftsrecht nicht befolgt werden durfte. Liegt hier ein<br />
sachlicher, in der Amtsausübung liegender Grund vor ? Wenn die Weisung der Gemeinde<br />
gesellschaftsrechtlich nicht bindend ist und das Aufsichtsratsmitglied im eigenen Namen auftritt, sich ggf.<br />
sogar erheblichen Folgen aussetzt, kann die Nichtbeachtung dann die Abberufung rechtfertigen ?<br />
Die oben genannte Entscheidung des OVG Münster hat die Frage, ob die Abberufung auf die Nichtbefolgung<br />
einer Weisung gestützt werden kann, wenn diese gesellschaftsrechtlich unwirksam ist, offengelassen. Das<br />
OVG Bremen hat hier eindeutig für eine Abberufung votiert.<br />
Die Gemeinde muß sich einen Einfluß auf die Gesellschaft, insbesondere über den Aufsichtsrat, sichern.<br />
Blockiert das Aufsichtsratsmitglied durch Nichtbeachtung von Weisungen diesen Einfluß, bleibt der Gemeinde<br />
nur seine Abberufung, um ihren Einfluß wieder herstellen zu können. Deshalb kann man sich nur der absolut<br />
h.M. anschließen, daß die Abberufung auf jeden Fall gerechtfertigt ist, wenn der Vertreter der Gemeinde im<br />
Aufsichtsrat deren Weisungen nicht folgt.<br />
11.5. Vertragliche Regelung zur Abberufung vorgeschlagener <strong>Aufsichtsratsmitglieder</strong> in<br />
der GmbH ?<br />
Wir hatten bereits ausgeführt, das gesellschaftsrechtlich das Recht zur Abberufung an die Entsendung des<br />
Aufsichtsratsmitglieds geknüpft ist. Für die AG sieht § 103 (1) AktG eine strikte Bindung vor. Auch im<br />
Rahmen des GenG ist eine strikte Regelung getroffen.<br />
Da sich die Gemeinde Einfluß sichern muß, auch wenn ihr nur ein Vorschlagsrecht eingeräumt ist, stellt sich<br />
allerdings noch die Frage nach den Regelungsmöglichkeiten bei der GmbH. Für die GmbH verweist<br />
§ 52 (1) GmbHG auf § 103 (1) AktG. Hier könnte jedoch der Gesellschaftsvertrag eine erleichterte<br />
Abberufung des vorgeschlagenen Aufsichtsratsmitgliedes vorsehen, z.B. das Abberufungsrecht einem einzel-<br />
423 OVG Münster Beschluß v. 12.2.90 in DVBl 90, 834 ff, 835, kritisch hierzu OVG Münster v. 19.09.95, a.a.O., das die Klagebzw.<br />
Antragsbefugnis in Zweifel zieht<br />
424 Die Kritik im Beschluß des OVG Münster v. 19.9.95 betrifft nicht diesen Teil, sondern die Einordnung der Rechtsposition der<br />
Vertreter im Aufsichtsrat.