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Kommunale Aufsichtsratsmitglieder: Rechte, Pflichten, Haftung

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Die Überwachung ist - entgegen ihrem Wortlaut - keine nur auf die Vergangenheit gerichtete Aufgabe. Ziel<br />

des Aufsichtsrates muß es vielmehr sein, möglichst prophylaktisch tätig zu werden 50 . Deshalb ist es Teil der<br />

Überwachung des Vorstandes durch den Aufsichtsrat, daß der Aufsichtsrat sich mit dem Vorstand berät. Der<br />

BGH 51 begründet die Beratungsfunktion als Teil der Überwachung in seinem Urteil vom 25.3.91 wie folgt:<br />

„Nach § 111 Abs. 1 AktG hat der Aufsichtsrat in erster Linie die Geschäftsführung zu überwachen. Diese<br />

Kontrolle bezieht sich nicht nur auf abgeschlossene Sachverhalte, sondern erstreckt sich auch auf<br />

grundsätzliche Fragen der Geschäftspolitik; sie ist nicht auf eine Rechtmäßigkeitsprüfung beschränkt,<br />

sondern muß die Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Geschäftsführung einbeziehen. Eines so verstandene<br />

Kontrolle kann wirksam nur durch ständige Diskussion mit dem Vorstand und insofern durch<br />

dessen laufende Beratung ausgeübt werden; die Beratung ist deshalb das vorrangige Mittel der in die Zukunft<br />

gerichteten Kontrolle des Vorstands ...”.<br />

Recht- und Zweckmäßigkeit als Gegenstand bilden also die eine Grenze, ein auf die Zukunft gerichtetes,<br />

schadensverhütendes Tätigwerden die andere.<br />

2.1.1.4 Ermessen oder Pflicht zum Einschreiten<br />

Was ist nun, wenn im Rahmen der Überwachung Hinweise auftauchen, die auf eine Pflichtverletzung des<br />

Vorstandes hindeuten ? Für die weitere Betrachtung ist dies sicherlich eine immens wichtige Frage, bestimmt<br />

sich doch hiernach, ab wann sich das Aufsichtsratsmitglied selbst haftbar machen oder wegen Verstoßes gegen<br />

§ 266 StGB einer Strafverfolgung unterzogen werden kann.<br />

Das OLG Düsseldorf hat in seinem o.g. Urteil entschieden, daß die Frage, ob der Aufsichtsrat einschreitet oder<br />

nicht, in seinem Ermessen stehe. Nur wenn, wie bei einer Ermessensreduzierung auf Null nur ein Einschreiten<br />

in Betracht komme, sei eine Verpflichtung zum Einschreiten gegeben 52 . Eine Pflichtverletzung der<br />

<strong>Aufsichtsratsmitglieder</strong>, die zur eigenen <strong>Haftung</strong> oder sogar Strafverfolgung führen kann, kommt auf der Basis<br />

dieser Ansicht nur in Betracht, wenn entweder eine Ermessensverdichtung auf Null eingetreten ist oder die<br />

angestellte Abwägung unsachgemäß erfolgte. Auf der Basis der Gegenansicht verletzen dagegen die<br />

<strong>Aufsichtsratsmitglieder</strong> ihre haftungs- und strafrechtlichen <strong>Pflichten</strong> bereits dann, wenn sie gegen den<br />

Vorstand bei Feststellung eines Mißstandes nicht einschreiten.<br />

Dabei hat das OLG Düsseldorf angenommen, daß das Ermessen es erlaube, von der Verfolgung eines Schadensersatzanspruches<br />

in Höhe von 80 bis 125 Mio. DM abzusehen 53 . Neben der Höhe des Schadens hat das<br />

Gericht das Risiko des Ausgangs eines Prozesses berücksichtigt 54 , wobei sich auch die Frage stellt, ob eine<br />

solche Summe von den Vorstandsmitgliedern überhaupt hätte beigetrieben werden können. Es sei aber auch<br />

der Grad des Verschuldens zu berücksichtigen 55 , was im Ergebnis dann richtig ist, wenn der<br />

Gesellschaftszweck den Vorstand quasi zwingt, Risiken einzugehen, die sich bei dem fehlgeschlagenen<br />

Geschäft konkretisiert haben. Letztlich wurde das Interesse der Gesellschaft an der Fortsetzung der<br />

Geschäftsbeziehung mit den Vorstandsmitgliedern herangezogen 56 .<br />

50<br />

Mertens 34 zu § 211<br />

51<br />

BGH v. 25.3.91 in BGHZ 114, 127 ff, 130, Vgl. auch Jäger DStR 96, 671 ff<br />

52<br />

OLG Düsseldorf a.a.O., NJW-RR 95, 1371, 1375 ff, zur Kritik in der Literatur vgl. Raiser NJW 96, 552 ff und Fischer BB 96,<br />

225 ff<br />

53<br />

Wobei in der Literatur vor allem die Höhe des Schadens als Anlaß zur Urteilsschelte genommen wurde.<br />

54<br />

Geschätzte Gerichtskosten und Kosten des eigenen Anwalts - Vorschußpflicht besteht auch gegenüber dem eigenen Anwalt und<br />

auch die siegreiche Partei kann Zweitschuldner sein - zwischen 1,4 - bei 80 Mio DM Streitwert - und 2,2 Mio. DM - bei 125<br />

Mio DM -für eine Instanz.<br />

55<br />

Soweit das OLG die Grundsätze zur gefahrgeneigten Arbeit heranzieht, kann das Mißverständnisse begründen. Wie noch bei<br />

den <strong>Haftung</strong>sgrundsätzen darzulegen sein wird, ist die Gesellschaft vielmehr oft auch genötigt, riskante Geschäfte zu machen,<br />

woraus man dem Vorstand dann keinen Vorwurf machen kann. Also ist weniger auf den Grundsatz der gefahrgeneigten Arbeit<br />

zurückzugreifen, als vom Gesellschaftszweck aus zu definieren, inwieweit die Eingehung eines Risikos notwendig war.<br />

56<br />

Bei anderen Geschäften kann die Gesellschaft z.B. auf die Vorstandsmitglieder angewiesen sein. Bei einem Schaden von 80<br />

bis 125 Mio. DM ist dies ggf. das schwächste Argument.

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