Kommunale Aufsichtsratsmitglieder: Rechte, Pflichten, Haftung
Kommunale Aufsichtsratsmitglieder: Rechte, Pflichten, Haftung
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sondern auch von anderen Interessen leiten lassen, nämlich solchen, die aus ihrer öffentlichen<br />
Aufgabenstellung herrühren”.<br />
Bei der Frage nach der Abgrenzung stößt man fast unweigerlich auf HEW/Janssen. Im Fall HEW/Janssen ging<br />
es um die Teilnahme eines schleswig-holsteinischen Ministers, dessen Regierung sich für den Ausstieg aus dem<br />
Atomstrom einsetzte, an Sitzungen des Aufsichtsrates eines Energiekonzernes, der auch Atomstrom nutzte.<br />
Während man dem Minister allein wegen der Tatsache, daß er als Mitglied einer Partei und einer Regierung<br />
sich für den Ausstieg aus dem Atomenergie einsetzte, keinen Vorwurf machen konnte - keine Verletzung der<br />
Treuepflicht außerhalb der Stellung im Aufsichtsrat -, konnte ihm ein entsprechendes Abstimmungsverhalten<br />
im Aufsichtsrat einer AG, die durch den Ausstieg aus der Atomenergie einen hohen wirtschaftlichen Schaden<br />
erlitten hätte, sehr wohl zum Vorwurf gereichen 79 . Genauso wird man dem Vertreter der Kommune im<br />
Aufsichtsrat - unbeschadet der Frage, ob er nach den jeweiligen gemeinderechtlichen Vorschriften sich nicht<br />
wegen Befangenheit einer Teilnahme an einem Entscheidungsprozeß zu enthalten hat - nun nicht verwehren<br />
können, im Rat oder seinen Ausschüssen bzw. in der Partei Ziele zu verfolgen, die ggf. nicht den Zielen der<br />
Aktiengesellschaft entsprechen. Kritisch wird - von Ausnahmefällen abgesehen - es nur, wenn diese<br />
kommunalen oder parteipolitischen Ziele auf sein Abstimmungsverhalten im Aufsichtsrat durchschlagen 80 .<br />
2.3. Verschwiegenheitspflicht<br />
Gemäß §§ 116, 93 (1) 2 AktG haben auch die <strong>Aufsichtsratsmitglieder</strong> über vertrauliche Angaben und<br />
Geschäftsgeheimnisse Stillschweigen zu bewahren - Verschwiegenheitspflicht. Die Pflicht zur<br />
Verschwiegenheit besteht insoweit nicht innerhalb der Gesellschaft - z.B. gegenüber Vorstand und<br />
Abschlußprüfer 81 -, soweit dies zur Wahrnehmung der gesellschaftsrechtlichen Aufgaben erforderlich ist.<br />
Insbesondere kann sich auf Grund der Aufgabe des Aufsichtsrates auch der Vorstand ihm gegenüber nicht auf<br />
die Verschwiegenheitspflicht berufen 82 . Als Dritter, dem gegenüber die Verschwiegenheit zu wahren ist, ist für<br />
den Vertreter der Gemeinde im Aufsichtsrat aber unstreitig die Gemeinde als Aktionär anzusehen 83 . Der<br />
Gemeinde steht wie jedem Aktionär nach dem AktG grundsätzlich nur der Auskunftsanspruch gegen den<br />
Vorstand in der Hauptversammlung nach § 131 AktG zu. Sonderregelungen zur Erfüllung landesrechtlicher<br />
Berichtspflichten gegenüber Kommunen stellen §§ 394, 395 AktG auf.<br />
2.3.1. Geheimnis/vertrauliche Angabe<br />
Insgesamt ist bei der Frage, was als „Geheimnis” oder „vertrauliche Angabe” Gegenstand der<br />
Verschwiegenheitspflicht sein kann, ein objektiver Maßstab anzulegen 84 . Daß der Vorstand eine Information<br />
als geheim bezeichnet, mag für die <strong>Aufsichtsratsmitglieder</strong> darauf hindeuten, daß diese der<br />
Verschwiegenheitspflicht unterliegt. Der Vorstand kann aber keine Information für den Aufsichtsrat<br />
verbindlich als Geheimnis festlegen 85 .<br />
Der BGH 86 hat dies in seinem Urteil vom 5.6.75 so charakterisiert:<br />
„Dabei mag davon ausgegangen werden, daß die Begriffe „vertrauliche Angaben” und „Geheimnisse” in §<br />
93 Abs. 1 Satz 2 AktG insofern auch ein subjektives Moment enthalten, als sich die Vertraulichkeit einer<br />
Angabe unter Umständen erst aus einem ausdrücklichen Hinweis ergeben kann und zu jenem Geheimnis der<br />
(geäußerte oder mutmaßliche) Wille zur Geheimhaltung gehört. Was bewußt jedermann offenbart wird, ist<br />
79<br />
Beschluß des OLG Hamburg vom 23.1.90 in ZIP 90, 311 ff; auf die Frage, ob der Schwerpunkt auf der Fremdbestimmtheit des<br />
Verhaltens oder der Schädigung der Gesellschaft liegt, werden wir im Rahmen der Fragen zur Abberufung noch eingehen.<br />
80<br />
Vgl. hierzu die weitergehende Diskussion insbesondere zum kommunalen Weisungsrecht<br />
81<br />
Mertens 53 zu § 116, Hüffer 8 zu § 93<br />
82<br />
Hüffer 8 zu § 93<br />
83<br />
Vgl. §§ 394, 395 AktG, Mertens 52 zu § 116; wenn hier zwischen der Gemeinde und ihrem Vertreter in der<br />
Hauptversammlung unterschieden wird - Vgl. z.B. Harder/Ruter GmbHR 95, 813 ff, 816 - würde dies letztendlich zu einer<br />
Umgehung der Verschwiegenheitspflicht führen. Der Vertreter in der Hauptversammlung ist echter Vertreter der Gemeinde<br />
und voll informationspflichtig. Man kann hier also nicht vertreten, daß er zu behandeln ist, wie Vorstand oder Abschlußprüfer.<br />
84<br />
BGHZ 65, 325 ff, 329<br />
85<br />
Mertens 43 zu § 116, Hüffer 7 zu § 93<br />
86<br />
BGH Urteil v. 5.6.75 in BGHZ 65, 325 ff, 329