Kommunale Aufsichtsratsmitglieder: Rechte, Pflichten, Haftung
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8.3. Teilnahme an Sitzungen<br />
Wir wollen aber auch noch einmal auf einen Ansatz, den eine Fraktion in einer nordrhein-westfälischen<br />
Stadt 303 verfolgte, zurückkommen. Nach einem entsprechenden Ratsbeschluß wurde in den Gesellschaftsvertrag<br />
ein Passus aufgenommen, der vorsah, daß die Mitglieder der Fraktionen, die nicht im Aufsichtsrat<br />
durch einen Repräsentanten vertreten waren, an den Sitzungen als Zuhörer teilnehmen durften 304 . Diese<br />
Regelung ist dem Minderheitenschutz, wie er teilweise 305 für die Ausschüsse gilt, nachempfunden. So heißt es<br />
in § 58 (1) 3 GO NW:<br />
„An nichtöffentlichen Sitzungen eines Ausschusses können die stellvertretenden Ausschußmitglieder sowie<br />
alle Ratsmitglieder als Zuhörer teilnehmen...”.<br />
Sowohl das VG Arnsberg, als auch das OVG Münster haben dies abgelehnt. Zu den gesellschaftsrechtlichen<br />
Gründen - Verstoß gegen § 109 AktG als Grundprinzip - haben wir schon Stellung genommen. Das VG<br />
Arnsberg orientierte sich sehr stark am § 113 GO NW, den es als insoweit abschließende Regelung sieht:<br />
„..., daß der Gesetzgeber in § 113 GO NW n.F. eine umfassende Regelung geschaffen hat, die im Sinne<br />
eines Ausgleichs unter Umständen gegenläufiger Interessen der Gemeinde auf Sicherung eines entsprechenden<br />
Einflusses in den jeweiligen, insbesondere von ihr selbst gehaltenen privatrechtlichen Unternehmen<br />
als auch umgekehrt den berechtigten Interessen des jeweiligen Unternehmens selbst an einem effizienten und<br />
wirtschaftlich erfolgreichen Handeln Rechnung tragen soll.”<br />
Das OVG Münster hat die Regelung aus gesellschafts- wie kommunalrechtlichen Gründen abgelehnt, aber<br />
auch den insoweit abschließenden Charakter der Sonderregelung des § 113 GO NW bestätigt 306 . Damit gilt<br />
dieser Grundsatz ebenfalls für die Genossenschaft, letztendlich als Strukturprinzip aber auch bei<br />
eingetragenem Verein oder Stiftung.<br />
9. Weisung<br />
Im Mittelpunkt der Erörterungen der kommunalrechtlichen Literatur über <strong>Rechte</strong> und <strong>Pflichten</strong> kommunaler<br />
Vertreter im Aufsichtsrat 307 steht neben der Kollision zwischen Verschwiegenheitspflicht und Unterrichtungsbzw.<br />
Auskunftsansprüchen das gemeindliche Weisungsrecht in Abgrenzung zum Gesellschaftsinteresse 308 .<br />
Beides sind „Schlüsselthemen” für die Gemeinde, die sich ja kraft Gesetzes einen angemessenen Einfluß auf<br />
die Gesellschaft sichern muß 309 . Auch wenn der Aufsichtsrat grundsätzlich keine geschäftsführende Aufgaben<br />
hat - Vgl. § 111 (4) 1 AktG für die AG und die oben erörterte Frage der Übertragung von<br />
Geschäftsführungsaufgaben auf den Aufsichtsrat in der GmbH -, zeigen besonders die oben gemachten<br />
Ausführungen zur Beratung des Vorstandes als Teil der Überwachung, daß der Aufsichtsrat auf die Unternehmenspolitik<br />
einigen Einfluß nehmen kann. Diesen Einfluß kann die Gemeinde nach den<br />
303 Wir können die Stadt leider nicht nennen. Über die Tagung der Rechtsamtsleiter hat der dortige Kollege sowohl Ablichtungen<br />
des Beschlusses des VG Arnsberg, als auch des OVG Münster zur Verfügung gestellt. Auch wenn zu diesem Zeitpunkt die<br />
Ausarbeitung noch nicht zur Rede stand, dürfen wir dies doch zum Anlaß nehmen, ihm für die Zurverfügungstellung der<br />
Unterlagen zu danken. Mittlerweile ist der Beschluß des OVG Münster in NWVBl 97, 67 f veröffentlicht.<br />
304 VG Arnsberg Beschluß v. 12 L 1736/95 v. 23.10.95, S. 4.<br />
305 § 36 (5) KV M-V für beratende Ausschüsse, § 46 (2) GO Sa.-An., § 46 (8) GO Schl-H, § 50 (4) GO Brand., § 51 (3) NdsGO, §<br />
48 (3) KSVG Saar., § 42 (4) SächsGO<br />
306 hier zitiert nach OVG Münster 15 B 3199/95 Beschluß v. 21.12.95, S. 5<br />
307 Zu den Informations- und Prüfungsrechten der Gemeinde ist hier nicht Stellung zu nehmen, da die Regelungen der §§ 53 f<br />
HGrG nicht die <strong>Rechte</strong> und <strong>Pflichten</strong> des Aufsichtsratsmitgliedes betreffen - Vgl. insofern z.B. Giesen GHH 89, 223 ff, zur<br />
Beteiligungsverwaltung vgl. Henke/Ruter GHH 95, 149 ff<br />
308 Held u.a. 8 zu § 113, Rehn/Cronauge III zu § 113, Decher ZIP 90, 277 ff, Harder/Ruter GmbHR 95, 813 ff, Janitschek VR 93,<br />
115 ff, 119 f, Meier/Wieseler GHH 93, 174 ff, 177 ff, Schwintowski NJW 95, 1316 ff, Treder GHH 86, 145 ff jeweils mit<br />
weiteren Nachweisen<br />
309 hier § 108 (1) 6 GO NW, vgl. aber auch § 103 (1) 3 GO BW, Art. 91 (1) 3 BayGO, § 102 Nr.2 GO Brand., § 109 (1) 6 NdsGO,<br />
§ 109 (1) 3 KSVG Saar., § 96 (1) 2 SächsGO, § 102 (1) 3 GO Schl-H, § 122 (1) 3 HessGO, § 117 (1) 3 GO Sa.-An., § 69 (1) 3<br />
KV M-V. Die Gemeindeordnung Rheinland-Pfalz enthält nach den uns vorliegenden Unterlagen keine entsprechende<br />
Regelung, hier dürfte das Prinzip aber ebenfalls als allgemeiner Grundsatz anwendbar sein.