Kommunale Aufsichtsratsmitglieder: Rechte, Pflichten, Haftung
Kommunale Aufsichtsratsmitglieder: Rechte, Pflichten, Haftung
Kommunale Aufsichtsratsmitglieder: Rechte, Pflichten, Haftung
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
10. Verschwiegenheit<br />
Wie oben bereits angedeutet, ist das andere „große” Thema in Bezug auf <strong>Rechte</strong> und <strong>Pflichten</strong> kommunaler<br />
Vertreter im Aufsichtsrat die Verschwiegenheitspflicht 357 . Um überhaupt beurteilen zu können, ob der Bedarf<br />
zu einem Einschreiten im Hinblick auf die AG oder die GmbH besteht, muß die Gemeinde über Informationen<br />
über die Gesellschaftsangelegenheiten verfügen. Die Gemeinde kann als Aktionär in der AG gemäß § 131<br />
AktG Auskunft in der Hauptversammlung verlangen. In der GmbH haben die Geschäftsführer sogar der Gemeinde<br />
als Gesellschafter auf Verlangen Auskunft zu erteilen und Einsicht in Bücher und Unterlagen zu<br />
gewähren. Aber in beiden Fällen muß die Initiative von der Gemeinde ausgehen. Diese Möglichkeiten ersetzen<br />
nicht eine Information über die Vertreter im Aufsichtsrat. Dies folgt zum einen aus dem Informationen, die der<br />
Aufsichtsrat kraft seiner Stellung erhält. Diese Informationen dürften weit über das hinausgehen, was dem<br />
Gesellschafter auf sonstigem Wege bekannt wird. Es dürfte auch ganz etwas anderes sein, wenn seitens der<br />
<strong>Aufsichtsratsmitglieder</strong> berichtet wird, als wenn der Gesellschafter eine ihm sonst zugegangene Information<br />
bei der Geschäftsführung hinterfragt. Wenn die Gemeinde sich einen angemessenen Einfluß auf die<br />
Gesellschaft sichern muß 358 , so ist die Unterrichtungs- und Auskunftspflicht des Aufsichtsrats die wichtigste<br />
Voraussetzung hierfür, kann man doch von allen anderen Möglichkeiten - auch der Weisung, soweit diese<br />
zulässig ist - erst Gebrauch machen, wenn man weiß, daß hierzu Veranlassung gegeben ist.<br />
Auch insofern haben die Länder unterschiedliche Wege beschritten. Die Verpflichtung zur Unterrichtung ist in<br />
einigen Ländern im Gesetz vorgesehen. Dort, wo dies nicht erfolgt ist, kann sie Gegenstand einer Weisung an<br />
die <strong>Aufsichtsratsmitglieder</strong> sein, die dann ggf. wegen §§ 394, 395 AktG nicht mit dem Gesellschaftsrecht<br />
kollidiert, also zulässig ist. - Nordrhein-Westfalen sieht die Verpflichtung vor, den Rat in Angelegenheiten von<br />
besonderer Bedeutung frühzeitig zu unterrichten 359 .<br />
- Die Gemeindeordnung in Niedersachsen hat uns hier vor Probleme gestellt. In § 111 (4) NdsGO ist<br />
vorgesehen, daß Vertreter und Vertreterinnen der Gemeinde den Rat über alle Angelegenheiten von besonderer<br />
Bedeutung frühzeitig zu unterrichten haben, soweit nicht durch Gesetz etwas anderes bestimmt ist. Auch<br />
andere Regelungen - Absatz 6 und 7 - gelten nur für Vertreter und Vertreterinnen. Auf sie wird in Absatz 8 für<br />
<strong>Aufsichtsratsmitglieder</strong> verwiesen, auf Absatz 4 nicht. Auch bezüglich des Absatzes 2, der ebenfalls nur für<br />
Vertreter und Vertreterinnen gilt, ist ausdrücklich durch Absatz 3 ein Verweis für <strong>Aufsichtsratsmitglieder</strong><br />
erfolgt. Aber welches Gesetz sollte einem Bericht der Mitglieder in der Haupt- oder<br />
Gesellschafterversammlung an die Gemeinde entgegenstehen ? Die gesellschaftsrechtliche Verschwiegenheitspflicht<br />
betrifft die <strong>Aufsichtsratsmitglieder</strong>.<br />
Die Unterrichtungspflicht kann aber auch nicht durch eine Weisung begründet werden, weil die Weisung an<br />
<strong>Aufsichtsratsmitglieder</strong> in Niedersachsen nicht vorgesehen ist.<br />
Nach dem Gesetzeswortlaut gibt es in Niedersachsen keine Unterrichtung von Gemeindeorganen durch die<br />
<strong>Aufsichtsratsmitglieder</strong>. Diese würden in jedem Fall gegen ihre Verschwiegenheitspflicht verstoßen. Auf der<br />
anderen Seite muß die Gemeinde auch in Niedersachsen einen angemessen Einfluß auf die Gesellschaft,<br />
insbesondere im Aufsichtsrat, erhalten, § 109 (1) 6 NdsGO. Warum sollte der Gesetzgeber auf die nach den<br />
§§ 394, 395 AktG zugelassene Möglichkeit, sich zu informieren, dann verzichten ?<br />
Vertreter im Aufsichtsrat sicherlich ein weiteres zentrales Thema in der Diskussion um das Für und Wider<br />
privatwirtschaftlicher Aufgaben öffentlicher Verwaltung.<br />
357 Rehn/Cronauge IV 4 zu § 113, Meier/Wieseler GHH 93, 174 ff, Schmidt-Aßmann/Ulmer BB-Beilage 13/88, Schwintowski<br />
NJW 90, 1009 ff, Treder GHH 86, 145 ff mit weiteren Nachweisen<br />
358 hier § 108 (1) 6 GO NW, vgl. aber auch § 103 (1) 3 GO BW, Art. 91 (1) 3 BayGO, § 102 Nr.2 GO Brand., § 109 (1) 6 NdsGO,<br />
§ 109 (1) 3 KSVG Saar., § 96 (1) 2 SächsGO, § 102 (1) 3 GO Schl-H, § 122 (1) 3 HessGO, § 117 (1) 3 GO Sa.-An., § 69 (1) 3<br />
KV M-V. Die Gemeindeordnung Rheinland-Pfalz enthält nach den uns vorliegenden Unterlagen keine entsprechende<br />
Regelung, hier dürfte das Prinzip aber ebenfalls als allgemeiner Grundsatz anwendbar sein.<br />
359 § 113 (5) GO NW