Kommunale Aufsichtsratsmitglieder: Rechte, Pflichten, Haftung
Kommunale Aufsichtsratsmitglieder: Rechte, Pflichten, Haftung
Kommunale Aufsichtsratsmitglieder: Rechte, Pflichten, Haftung
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
echt kommunalrechtlichen Vorschriften vor. Während die Gemeinde ihn als „ihren Vertreter” sieht und -<br />
teilweise sogar gestützt auf Vorschriften der jeweiligen Gemeindeordnung - Berichte erwartet, verpflichtet ihn<br />
§§ 116, 93 (1) 2 AktG - sogar unter Androhung einer Strafverfolgung - zur Verschwiegenheit. Um diesen<br />
Konflikt zu lösen, wurden die Bestimmungen der §§ 394 und 395 ins Aktiengesetz 94 eingeführt.<br />
<strong>Aufsichtsratsmitglieder</strong>, die auf Veranlassung der Gemeinde - Vorschlagsrecht - gewählt oder von ihr in den<br />
Aufsichtsrat entsandt wurden, unterliegen hinsichtlich der Berichte, die sie der Gebietskörperschaft zu<br />
erstatten haben, grds. keiner Verschwiegenheitspflicht, § 394 (1) 1 AktG. Die gesetzliche Regelung läßt<br />
sicherlich immer noch viele Fragen offen. Es gibt z.B. nur in wenigen Fällen auf der Ebene der kommunalrechtlichen<br />
Vorschriften Berichtspflichten. Da aber auch hier die Vertreter im Aufsichtsrat oftmals Weisun -<br />
gen 95 unterliegen, bestehen Zweifel, ob für den Fall, daß ohne die ausdrückliche gesetzliche Regelung eine Berichtspflicht<br />
durch Weisung begründet wird, § 394 AktG Anwendung finden kann 96 .<br />
Sehr umstritten ist im gesellschaftsrechtlichen Schrifttum aber auch die Frage, ob es eine Berichtspflicht gegenüber<br />
dem Rat oder den Fraktionen geben kann, weil es vielfach als Erfahrung berichtet wird, daß trotz z.B.<br />
nichtöffentlicher Sitzung über die Information des Rates oder der Fraktion Informationen an die Öffentlichkeit<br />
gelangen 97 .<br />
Wegen des Einflusses der kommunalrechtlichen Vorschriften wollen wir die vertiefte Diskussion der - nicht<br />
nur der hier angerissenen - Probleme in dem späteren Abschnitt vornehmen.<br />
Das Aktienrecht schränkt die Ausnahme von der Verschwiegenheitspflicht gleich selbst wieder ein. Nach § 394<br />
(1) 2 AktG dürfen insbesondere Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse nicht offenbart werden, wenn ihre<br />
Kenntnis für den Zweck der Berichte nicht von Bedeutung ist. Das Aufsichtsratsmitglied muß also im<br />
Einzelfall prüfen, ob eine Bekanntgabe gegenüber der Gemeinde diese - zum Selbstschutz der AG wohl unerläßliche<br />
- Grenze überschreitet. § 395 AktG zieht eine weitere Grenze zum Schutz der AG, indem er die<br />
Empfänger der Berichte bei der Gemeinde - Rat oder Ausschuß, aber auch Ämter wie Kämmerei und Rechnungsprüfungsamt<br />
- einer eigenständigen Verschwiegenheitspflicht unterwirft 98 .<br />
2.3.5. <strong>Pflichten</strong> nach Ausscheiden aus dem Aufsichtsrat<br />
Die Verschwiegenheitspflicht endet nicht mit dem Ausscheiden aus dem Amt 99 . Sie besteht nach dem<br />
Ausscheiden aus dem Amt fort.<br />
3. <strong>Rechte</strong> des Aufsichtsrats<br />
Den <strong>Pflichten</strong> des Aufsichtsrats korrespondieren selbstverständlich <strong>Rechte</strong>.<br />
3.1. Beanstandung<br />
Wird dem Aufsichtsrat eine Pflichtwidrigkeit des Vorstandes bekannt, kann er diese beanstanden und seine<br />
Bedenken äußern. Er kann namens der Gesellschaft Beseitigung und Schadensersatz vom Vorstand<br />
verlangen 100 .<br />
94 §§ 53, 54 HGrG regelt die mit der Prüfung der Abschlüsse der Gesellschaft verbundenen Fragen. Insbesondere kann nach § 54<br />
(1) HGrG mit einer qualifizierten Mehrheit dem Rechnungsprüfungsamt ein Anspruch auf direkte Unterrichtung eingeräumt<br />
werden.<br />
95 § 119 (1) S. 3 GO Sachsen-Anhalt, § 98 (1) S. 4 GO<br />
96 Kropff/Semmler/Grunewald 19 ff zu § 394 f, ablehnend Meier/Wieseler GHH 93, 174 ff, 176<br />
97 Vgl. Schmidt-Aßmann/Ulmer, BB-Beilage 13/88, 9<br />
98 Kropff/Semmler/Grunewald 36 ff zu § 394 f; zur Diskussion um die möglichen Berichtsempfänger kommen wir noch. Hier<br />
haben wir das Ergebnis vorweggenommen und z.B. die Fraktionen bereits ausgeschlossen. Dies ist kein Affront gegen die<br />
Arbeit der Fraktionen, sondern hat mit den kommunalrechtlichen Bestimmungen zu deren Arbeit zu tun.<br />
99 Hüffer 7 zu § 93