Kommunale Aufsichtsratsmitglieder: Rechte, Pflichten, Haftung
Kommunale Aufsichtsratsmitglieder: Rechte, Pflichten, Haftung
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kommunalrechtlichen Regelungen durch Weisungen an sich ziehen, um ihrer Pflicht - Ingerenz - zur Erfüllung<br />
der ihr übertragenen öffentlich-rechtlichen Aufgaben nachkommen zu können. Dem können natürlich<br />
Interessen der Unternehmensleitung - Vorstand oder Geschäftsführer - entgegenstehen, die sich nicht in ihr<br />
Unternehmen „hineinregieren” lassen wollen 310 . Aber auch sachlich gibt es Kollisionen, wie HEW/Janssen 311<br />
gezeigt hat. Während HEW weiter auf die Nutzung des Atomstroms setzte, weil der Ausstieg viel Geld<br />
gekostet hätte, setzte die Landesregierung Schleswig-Holstein auf den Ausstieg aus der Atomenergie.<br />
9.1. Regelung des Weisungsrechts in den Ländern<br />
Die Frage des Weisungsrechtes ist für die einzelnen Länder unterschiedlich geregelt:<br />
9.1.1. Allgemeine Geltung des Weisungsrechts<br />
Die meisten Länder sehen eine Weisungsgebundenheit vor, die aber, was auf Grund des Vorrang des<br />
Gesellschaftsrechts als Bundesrechts eigentlich selbstverständlich ist, nur insofern gilt, als das Gesellschaftsrecht<br />
dem nicht entgegensteht:<br />
- In Bayern vertritt der Bürgermeister die Gemeinde im Aufsichtsrat, wobei dies nicht unbedingt bedeutet,<br />
daß er als Person auftritt. Sonstige Personen sind aber nur kraft Vollmacht als Vertreter des Bürgermeisters<br />
berechtigt, das Mandat im Aufsichtsrat wahrzunehmen. Als Vertreter unterliegen sie den Weisungen des<br />
Bürgermeisters 312 . Ebenso sind sie verpflichtet, der Aufnahme von Krediten oder einer Unterbeteiligung nur<br />
nach vorherigem Beschluß des Rates 313 zustimmen.<br />
- In Thüringen findet sich keine ausdrückliche Regelung. Die <strong>Haftung</strong>sfreistellung in § 74 (2) ThürKO<br />
erstreckt sich aber auch auf die <strong>Aufsichtsratsmitglieder</strong>. Vor allem sind diese nach dem Wortlaut des § 74 (1)<br />
ThürKO bei der Aufnahme von Krediten oder der Unterbeteiligung - Beteiligung der Gesellschaft als<br />
juristischer Person an einer anderen Gesellschaft - verpflichtet, eine Entscheidung des Rates herbeizuführen 314 .<br />
Dort, wo wie in Niedersachsen die Vertreter im Aufsichtsrat nicht weisungsgebunden sind, ist ihnen auch keine<br />
solche Pflicht bei Kredit oder Unterbeteiligung auferlegt worden. Damit spricht hier alles dafür, daß die<br />
Vertreter im Aufsichtsrat weisungsgebunden sein sollen.<br />
- In Hessen ist der Gemeindevorstand Vertreter im Aufsichtsrat und kann besondere Vertreter bestellen, die<br />
an Weisungen gebunden sind 315 .<br />
- In Nordrhein-Westfalen ist vorgesehen, daß die Vertreter der Kommune im Aufsichtsrat die Interessen der<br />
Gemeinde zu verfolgen haben und an Beschlüsse des Rates und seiner Ausschüsse gebunden sind 316 . Soweit<br />
Gemeinden oder Gemeindeverbände unmittelbar oder mittelbar mit mehr als 25 % an einem Unternehmen<br />
beteiligt sind und dieses Unternehmen sich an einem anderen Unternehmen beteiligen will - sog. Unterbeteiligung<br />
-, ergibt sich aus § 108 (3) 3 GO NW das Erfordernis eines vorherigen Ratsbeschlusses.<br />
- Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz und Brandenburg sehen vor, daß die Regelungen für die<br />
Vertreter in der Hauptversammlung entsprechend für die Vertreter im Aufsichtsrat gelten und die Vertreter im<br />
Aufsichtsrat deshalb den Weisungen und Richtlinien der Gemeindevertretung zu folgen haben 317 . In<br />
Mecklenburg-Vorpommern bedarf die Zustimmung zur Aufnahme von Krediten der Gesellschaft des<br />
vorherigen Ratsbeschlusses 318 . In Rheinland-Pfalz darf Krediten und Unterbeteiligungen der Gesellschaft,<br />
310 Vgl. Schwintowski a.a.O., 1317<br />
311 Vgl. Beschluß des OLG Hamburg vom 23.1.90, a.a.O. und Decher ZIP a.a.O.<br />
312 Vgl. Art. 93 (2) 2 BayGO<br />
313 Art. 93 (1) BayGO<br />
314 Gesellschaftsrechtlich gesehen ist diese Verpflichtung der GO eine der Weisung vergleichbare Einschränkung der<br />
selbstverantwortlich wahrzunehmenden Aufsichtsratsmitgliedschaft.<br />
315 § 125 (2) i.V.m. (1) HessGO<br />
316 § 113 (1) GO NW<br />
317 § 71 (2) i.V.m. (1) 3 KV M-V, § 104 (2) i.V.m. (1) 4 GO Brand., § 88 (3) i.V.m. § 88 (1) 3 GO Rh-Pf<br />
318 § 72 KV M-V