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Kommunale Aufsichtsratsmitglieder: Rechte, Pflichten, Haftung

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3.4.2. Anordnung<br />

Der Zustimmungsvorbehalt kann in der Satzung vorgesehen werden. Der Aufsichtsrat kann den<br />

Zustimmungsvorbehalt aber auch durch Beschluß begründen. Dies kann z.B. aus Anlaß einer konkreten Geschäftsführungsmaßnahme<br />

des Vorstandes erfolgen 105 . Der BGH 106 hat dazu in seinem Urteil vom 15.11.93<br />

ausgeführt:<br />

„Nach § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG kann der Aufsichtsrat durch Beschluß anordnen, daß bestimmte Arten von<br />

Rechtsgeschäften nur mit seiner Zustimmung vorgenommen werden dürfen. Ein derartiger Zustimmungsvorbehalt<br />

kann auch ad hoc beschlossen werden .... Ob der Aufsichtsrat von dieser Möglichkeit<br />

Gebrauch macht, unterliegt grundsätzlich seinem pflichtgemäßem Ermessen. Sein Ermessen kann sich<br />

jedoch zu einer Pflicht verdichten, wenn er eine gesetzwidrige Geschäftsführungsmaßnahme nur durch eine<br />

Anordnung eines Zustimmungsvorbehaltes verhindern kann ...”.<br />

Allerdings muß nach § 111 (4) 1 AktG eine Grenze insofern gewahrt werden, als der Aufsichtsrat nicht zum<br />

Geschäftsführer werden darf 107 . Streitig ist insofern insbesondere die Frage, inwiefern der Aufsichtsrat zu<br />

Personalentscheidungen Zustimmungsvorbehalte anordnen kann 108 .<br />

3.4.3. Innenwirkung<br />

Die Zustimmungspflicht erlangt keine Außenwirkung, da die Vertretungsmacht des Vorstandes im<br />

Außenverhältnis nach § 82 (1) AktG nicht beschränkt werden kann. Etwas anderes kann gelten, wenn die<br />

Grundsätze des Mißbrauchs der Vertretungsmacht eingreifen 109 , weil z.B. der Dritte und der Vorstand bewußt<br />

zur Ausschaltung des Zustimmungsvorbehaltes des Aufsichtsrates zusammenwirken.<br />

3.4.4. Einvernehmen oder Genehmigung<br />

Der Begriff Zustimmung läßt für den Juristen offen, ob die Zustimmung vor dem Abschluß des Geschäftes -<br />

sog. „Einwilligung” - eingeholt werden muß oder ob auch eine nachträgliche Zustimmung - sog.<br />

„Genehmigung” - reicht. Im Zweifel sind Zustimmungsvorbehalte als Einwilligungsvorbehalte zu verstehen 110 .<br />

Die Zustimmungsvorbehalte ergänzen die sonstigen Möglichkeiten zur Überwachung, insbesondere die<br />

kontinuierliche Berichtspflicht bzw. die Berichtspflicht auf Verlangen. Deshalb dürften Zustimmungsvorbehalte<br />

nach § 114 (4) 2 AktG - unbeschadet der Tatsache, daß man bei der Formulierung mit etwas Genauigkeit<br />

hier Streit vermeiden kann - Einwilligungsvorbehalte sein.<br />

Problematisch ist allerdings die Frage, wie bei einer Auslegung als Einwilligungsvorbehalt mit Notfällen zu<br />

verfahren ist. § 114 (4) AktG sieht nicht - wie z.B. die meisten Gemeindeordnungen - die Möglichkeit der<br />

Herbeiführung einer Dringlichkeitsentscheidung vor. Hier bietet es sich sicherlich an, für Dringlichkeitsfälle<br />

gleich bei der Anordnung des Zustimmungsvorbehaltes eine Regelung mitzutreffen 111 , etwa der Art, daß in<br />

solchen Fällen die Einwilligung des Aufsichtsratsvorsitzenden, die Entscheidung eines Ausschusses, soweit<br />

dieser schneller entscheiden kann, oder eine nachträgliche Genehmigung durch den Aufsichtsrat einzuholen ist.<br />

Wenn z.B. Maschinen oder Geräte, die für den „Produktionsvorgang” unerläßlich sind, ausfallen, kann der<br />

Vorstand oft, wenn er massiven Schaden von der Gesellschaft abwenden will, nicht auf den Beschluß des<br />

Aufsichtsrates über die Zustimmung warten, obwohl er ihn wegen der mit der Anschaffung verbundenen<br />

Kosten einholen müßte. Soweit die Satzung hier aber keine Regelung enthält, wird man zumindest in den<br />

Fällen, in denen die Verweigerung der Zustimmung durch den Aufsichtsrat wegen der Bedeutung der Angele-<br />

105<br />

Mertens 65 zu § 111<br />

106<br />

BGH v. 15.11.93 in BGHZ 124, 111 ff, 127<br />

107<br />

Götz a.a.O., 640<br />

108<br />

Mertens 69 zu § 111; die weitere Erörterung dieser Frage würde von dem eigentlichen Thema der Stellung kommunaler<br />

Vertreter zu weit wegführen.<br />

109<br />

Mertens 86 zu § 111<br />

110<br />

Mertens 80 zu § 111<br />

111<br />

Vgl. zur Zulässigkeit einer derartigen Regelung OLG Hamburg Urteil v. 15.9.95 ZIP 95, 1673 ff

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