Kommunale Aufsichtsratsmitglieder: Rechte, Pflichten, Haftung
Kommunale Aufsichtsratsmitglieder: Rechte, Pflichten, Haftung
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„(2) Über die Sitzungen des Aufsichtsrats ist eine Niederschrift anzufertigen, die der Vorsitzende zu<br />
unterzeichnen hat. In der Niederschrift sind der Ort und der Tag der Sitzung, die Teilnehmer, die<br />
Gegenstände der Tagesordnung, der wesentliche Inhalt der Verhandlungen und die Beschlüsse des<br />
Aufsichtsrats anzugeben... Jedem Mitglied des Aufsichtsrats ist auf Verlangen eine Abschrift der<br />
Sitzungsniederschrift auszuhändigen”.<br />
In der Regel dürfte es genügen, wenn das überstimmte Mitglied Gegenvorstellungen in gebotener Form zu<br />
Protokoll erhebt 31 und sich, was von eminenter Bedeutung ist, das Protokoll aushändigen läßt 32 . Nur in<br />
schwerwiegenden Fällen wird das Aufsichtsratsmitglied sein Mandat niederlegen 33 . Dies hat jedoch mehr die<br />
Wirkung, die Ernsthaftigkeit der Lage gegenüber den anderen Mitgliedern zu demonstrieren, denn das überstimmte<br />
Mitglied, das seine Vorhaltungen durch das Protokoll nachweisen kann 34 , wird in der Regel keine haftungs-<br />
oder strafrechtlichen Folgen fürchten müssen.<br />
Es ist dem einzelnen Aufsichtsratsmitglied wegen seiner gesellschaftsrechtlichen Stellung aber davon<br />
abzuraten, sich, wenn er überstimmt wird, an Behörden 35 zu wenden oder die Flucht in die Öffentlichkeit 36 anzutreten.<br />
Gerade dann drohen ihm nämlich <strong>Haftung</strong> - Verletzung der Verschwiegenheitspflicht als<br />
<strong>Haftung</strong>sgrund nach §§ 116, 93 (2) AktG - und Strafbarkeit - § 404 AktG 37 . Konflikte zwischen Mehrheit und<br />
Minderheit in Gesellschaftsorganen sollen grundsätzlich gesellschaftsintern ausgetragen werden 38 . Die hier zu<br />
ziehenden Grenzen sind sehr eng:<br />
„So kann es gerade im Interesse des Unternehmens notwendig werden, eine im Aufsichtsrat besprochene<br />
Angelegenheit anderweit in einem geschlossenen Kreis oder öffentlich zu erörtern, um Mißverständnisse<br />
auszuräumen, Gerüchten entgegenzutreten und das Bild der Gesellschaft nach innen und außen günstig zu<br />
beeinflussen; wann das der Fall ist, läßt sich nicht nach starren Regeln, sondern nur für den Einzelfall<br />
entscheiden” 39 .<br />
Dies bedeutet nichts anderes, als das derjenige, der sich an Behörde oder Öffentlichkeit wendet, z.B. erst durch<br />
ein anschließendes Strafverfahren oder einen <strong>Haftung</strong>sprozeß erfährt, ob er dies im konkreten Fall durfte oder<br />
nicht.<br />
1.6. Ausschüsse des Aufsichtsrates<br />
Der Aufsichtsrat kann nach § 107 (3) AktG aus seiner Mitte Ausschüsse bestellen, die vor allem seine<br />
Beschlüsse vorbereiten und ihre Ausführung überwachen sollen 40 . Diesen Ausschüssen können auch Entscheidungsbefugnisse<br />
übertragen werden, wobei allerdings das Gesetz gewisse Ausnahmen - insbesondere<br />
Bestellung und Abberufung des Vorstandes sowie Anordnung des Zustimmungsvorbehaltes 41 - vorsieht.<br />
31<br />
Mertens 38 zu § 77, Peltzer WM 81, 346 ff, 352 und OLG Frankfurt Urteil v. 22.1.88 in WM 88, 330 ff, 332<br />
32<br />
Gemäß § 93 (2) 2 AktG muß im Streit das einzelne Aufsichtsratsmitglied darlegen und beweisen, daß er die Sorgfalt eines<br />
ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters angewandt hat.<br />
33<br />
Mertens a.a.O., Peltzer a.a.O.<br />
34<br />
Auf Grund der Regelung des § 93 (2) AktG ist auch das Aufsichtsratsmitglied im Rahmen des bei der <strong>Haftung</strong> zu prüfenden<br />
Verschulden verpflichtet, darzulegen und zu beweisen, daß er dem Maßstab des sorgfältigen und ordentlichen Geschäftsleiters<br />
genügt hat. Zur Frage, ob dies auch bezüglich der Pflichtverletzung gilt, vgl. Gehrlein NJW 97, 1905 f<br />
35<br />
Vgl. dazu Mertens a.a.O. und Säcker DVBl 86, 803 ff<br />
36<br />
Vgl. Mertens a.a.O. und Noack StuGR 95, 379 ff, 386<br />
37<br />
Vgl. Noack a.a.O.<br />
38<br />
Vgl. die Grundsätze zu Auseinandersetzungen im Aufsichtsrat BGH Urteil v. 28.11.88 in NJW 89, 929 ff<br />
39<br />
BGH Urteil v. 5.6.75 in BGHZ 65, 325 ff, 331<br />
40<br />
Zu Besetzungsfragen vgl. OLG Hamburg v. 25.5.84 in AG 84, 248 ff und Urteil v. 6.3.92, a.a.O. Die hierinsbesondere zu<br />
Arbeitnehmervertreter gemachten Ausführungen weisen auch auf ein Problem kommunaler Vertreter mit Ausschüssen hin. Die<br />
kommunalen Vertreter im Aufsichtsrat stellen, worauf noch einzugehen sein wird, in der Regel ein Spiegelbild der im Rat<br />
vertretenen Parteien dar. Hier können sich durch Ausschüsse Verschiebungen entweder zu Lasten der Kommune oder nur einer<br />
Partei ergeben.<br />
41<br />
Die Ausübung des Zustimmungsvorbehaltes im Einzelfall soll nach dem Urteil des OLG Hamburg v. 15.9.95 ZIP 95, 1673 ff<br />
ohne Verstoß gegen § 107 (3) 2 AktG auf einen Ausschuß übertragbar sein.