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Kommunale Aufsichtsratsmitglieder: Rechte, Pflichten, Haftung

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Der öffentliche Zweck kann also keinen zwingenden Grund dafür liefern, daß das Aufsichtsratsmitglied<br />

gesellschaftswidrige Weisungen der Gemeinde befolgt.<br />

9.5.2. Berücksichtigung des Verwaltungsprivatrechts ?<br />

Allerdings treffen die Gemeinde bei einer privatwirtschaftlichen Tätigkeit besondere Bindungen - sog.<br />

Verwaltungsprivatrecht 340 . Gibt es nur ein belastendes, nicht auch ein berechtigendes Sonderrecht öffentlichrechtlicher<br />

Anteilseigner? Schließlich und letzten Endes weiß die Gesellschaft um die Bindungen der Gemeinde<br />

als Gesellschafter und - ganz vorsichtig formuliert - wird die Mitgliedschaft der Gemeinde nicht immer nur als<br />

Belastung empfinden.<br />

Der Gesetzgeber hat insofern gerade mit §§ 394 f AktG - neben §§ 53 f HGrG - einen Schritt getan, um die<br />

besondere Situation der Kommunen zu berücksichtigen. Damit hat er den weiteren Schritt, besondere Einflußnahmen<br />

der Kommunen z.B. begrenzt auf die Durchsetzung öffentlich-rechtlicher Vorschriften zuzulassen,<br />

abgelehnt. Ob an dieser Ablehnung festzuhalten sein wird, ist nun keine juristische, sondern eine politische<br />

Diskussion, der hier in keiner Weise vorgegriffen werden soll. Auch wegen der besonderen Bindung der<br />

Gemeinde z.B. durch das Verwaltungsprivatrecht kann ihr ohne gesetzliche Regelung kein dem Gesellschaftsinteresse<br />

vorgehendes Weisungsrecht eingeräumt werden.<br />

9.5.3. Weisung im Rahmen eines gesellschaftsrechtlichen Beurteilungsspielraums ?<br />

Das AktG sieht, wie oben zu Pflicht oder Ermessen zum Einschreiten bei der Überwachung 341 oder bei der<br />

Anordnung von Zustimmungsvorbehalten dargestellt, oftmals einen Beurteilungsspielraum vor. Kann nicht<br />

zumindest innerhalb dieses Beurteilungsspielraumes eine Weisung der Gemeinde erteilt werden 342 ? Wem steht<br />

die Ausübung des Beurteilungsspielraumes zu ? Immerhin ist es ja in allen gemeinderechtlichen Regelungen<br />

so, daß die Befolgung der Weisung letztendlich die <strong>Haftung</strong> des Aufsichtsratsmitglieds entfallen läßt 343 .<br />

Hier kommt es wieder auf die Stellung als Repräsentant der Gemeinde an. Das Aufsichtsratsmitglied hat einen<br />

persönlichen, nur von ihm auszuübenden Beurteilungsspielraum. Wie oben bereits dargestellt, ist eine<br />

dauernde oder grundsätzliche Heranziehung eines Dritten als Verstoß gegen § 111 (5) AktG unzulässig 344 .<br />

Auch die Gemeinde als Aktionär ist insofern Dritter. Es ist also - vorbehaltlich der Fragen zur Verschwiegenheitspflicht<br />

- nicht ausgeschlossen, daß sich das Aufsichtsratsmitglied in Einzelfällen Rückendeckung bei<br />

der Gemeinde holt. Grundsätzlich verbleibt aber die Ausfüllung des gesellschaftsrechtlichen Beurteilungsspielraumes<br />

bei ihm.<br />

9.5.4. Sonderregelung für Bayern und Hessen ?<br />

Wie wirkt sich hier die Sonderregelung für Bayern und Hessen aus, nach der der Bürgermeister oder<br />

Gemeindevorstand die Gemeinde vertritt, aber wiederum Vertreter bestellen kann ?<br />

Werden Vertreter des Bürgermeisters oder Gemeindevorstandes bestellt, sind diese gesellschaftsrechtlich nicht<br />

anders zu behandeln, als gewählte Vertreter der Gemeinde oder als Vertreter für den Bürgermeister in den<br />

Ländern, in denen dieser Mitglied kraft Amtes ist. Auch hier treten die Personen nach dem AktG im eigenen<br />

Namen auf und sind nicht weisungsgebunden.<br />

340<br />

Vgl. nur Stober NJW 84, 449 ff und Schoch DVBl 94, 62 ff<br />

341<br />

Nach dem Urteil des BGH vom 21.4.97 dann, wenn das Handeln des Vorstandes nicht gegen die Gesetze oder die Satzung<br />

verstößt.<br />

342<br />

Vgl. Noack StuGR 95, 379 ff, 381<br />

343<br />

§ 105 (3) GO BW, Art. 93 (2) BayGO, § 104 (4) GO Brand., § 125 (3) HessGO, § 111 (8) i.V.m. (6) NdsGO, § 113 (6) GO<br />

NW, § 71 (3) KV M-V, § 88 (4) GO Rh-Pf, § 112 (4) KSVG Saar., § 98 (3) SächsGO, § 119 (3) GO Sa.-An., § 25 (3) GO<br />

Schl-H, § 74 (2) ThürKO<br />

344<br />

BGH v. 15.11.82 in BHGZ 85, 293 ff

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