Kommunale Aufsichtsratsmitglieder: Rechte, Pflichten, Haftung
Kommunale Aufsichtsratsmitglieder: Rechte, Pflichten, Haftung
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kein Geheimnis mehr. Das entscheidende Merkmal für die Beurteilung der Schweigepflicht ist aber ein<br />
objektives, nämlich das Bedürfnis der Geheimhaltung im Interesse des Unternehmens.”<br />
Als Geheimnis ist jede Information anzusehen, die nur einem beschränkten Kreis von Personen bekannt ist und<br />
deren Verbreitung darüber hinaus dem Interesse der Gesellschaft abträglich sein könnte 87 . Als Beispiele<br />
werden in § 93 (1) 2 AktG namentlich Betriebs- (technischer Bereich) und Geschäftsgeheimnisse<br />
(kaufmännischer Bereich) genannt. Darunter können Herstellungsverfahren, Produktionsvorhaben,<br />
Kundenstamm, Finanzpläne, aber auch wesentliche Personalentscheidungen fallen.<br />
Vertrauliche Angaben können alle Informationen sein, an deren Nichterörterung die Gesellschaft ein Interesse<br />
hat 88 . Es wird sogar die Meinung vertreten, daß der Begriff ein Auffangtatbestand sei, damit auch Angaben,<br />
die einem größeren Kreis bekannt, also kein Geheimnis mehr sind, nicht zum Schaden der Gesellschaft über<br />
diesen Kreis hinaus weiterverbreitet werden können 89 .<br />
2.3.2. Sitzungen des Aufsichtsrats<br />
Besonderes Augenmerk auf die Verschwiegenheitspflicht ist hinsichtlich der Sitzungen des Aufsichtsrates zu<br />
legen. Nach § 109 AktG dürfen an den Sitzungen des Aufsichtsrates grundsätzlich nur Aufsichtsrats- und<br />
Vorstandsmitglieder teilnehmen. Aus dem Gebot der vertrauenvollen Zusammenarbeit der<br />
<strong>Aufsichtsratsmitglieder</strong> folgt, daß die Beratung und Abstimmung durchweg als geheim zu behandeln ist 90 .<br />
2.3.3. Allgemeine Grenzen der Verschwiegenheitspflicht<br />
Die Verschwiegenheitspflicht gilt nicht grenzenlos. Die AG kann auch nicht anordnen, daß „alle Kenntnisse”,<br />
die ein Aufsichtsratsmitglied erlangt, geheim zu halten sind. Dem einzelnen Aufsichtsratsmitglied verbleibt<br />
auch insofern ein Spielraum zur eigenverantwortlichen Beurteilung:<br />
„Denn die Größe der Verantwortung bedingt auch ein gewisses Maß an Freiheit, im Einzelfall mit der<br />
gebotenen Sorgfalt selber zu prüfen und zu entscheiden, wie die übernommenen Aufgaben am besten zu<br />
erfüllen sind. Dazu kann auch ein abgewogenes Urteil darüber gehören, wann Schweigen Pflicht und wann<br />
es erlaubt oder vielleicht sogar nötig, über eine bestimmte Angelegenheit zu reden” 91 .<br />
So macht sich nach § 404 AktG z.B. nur strafbar, wer ein Geheimnis unbefugt offenbart. So sind<br />
<strong>Aufsichtsratsmitglieder</strong> im Strafprozeß aussagepflichtig 92 . Wird also gegen den Vorstand oder den<br />
Aufsichtsratsvorsitzenden ein Strafverfahren betrieben, kann sich das einzelne Aufsichtsratsmitglied als Zeuge<br />
nicht auf die Verschwiegenheitspflicht berufen. Für den Zivilprozeß - Gläubiger verklagt die AG und benennt<br />
ein Aufsichtsratsmitglied als Zeuge - ist dies zumindest streitig 93 . Klar ist insofern nur, daß das<br />
Aufsichtsratsmitglied bestimmte „Gewerbegeheimnisse” - z.B. Produktionsverfahren - nach § 384 (3) ZPO<br />
nicht zu offenbaren braucht.<br />
2.3.4. Besondere Grenzen der Verschwiegenheitspflicht im Verhältnis zur<br />
Kommune<br />
Problematisch ist die Frage der Offenbarungsbefugnis dort, wo sie nicht aus Bundes-, sondern aus<br />
Landesrecht, wie z.B. der Gemeindeordnung, hergeleitet wird. Gemäß Art. 31 GG geht das AktG als Bundes-<br />
87<br />
Mertens 43 zu § 116, Hüffer 7 zu § 93<br />
88<br />
Mertens 45 zu § 116, Hüffer 7 zu § 93<br />
89<br />
Gaul GHH 86, 296 ff, 298; Hintergedanke ist hier gerade beim Aufsichtsrat, daß er durch den ständigen Kontakt mit dem<br />
Vorstand sehr viele Dinge erfährt, die er ggf. auch Organen der Kommune, deren Vertreter er ist, gemäß § 394 AktG - auf den<br />
noch eingegangen wird - mitteilt, es aber der Gesellschaft sehr wohl schaden könnte, wenn diese Dinge z.B. in die Presse<br />
gerieten.<br />
90<br />
Mertens 49 zu § 116; Gaul, a.a.O, 299; BGHZ 65, 325 ff, 331 f, sehr detailliert Säcker DVBl 86, 803 ff, 806 ff<br />
91<br />
BGH v. 5.6.75 BGHZ 65, 325 ff, 327<br />
92<br />
Mertens 37 zu § 116, Hüffer 9 zu § 93<br />
93<br />
Vgl. § 383 (1) 6 ZPO, Mertens 37 zu § 116, Hüffer 9 zu 93