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Kommunale Aufsichtsratsmitglieder: Rechte, Pflichten, Haftung

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Der BGH hat in seinem Urteil vom 21.4.97 die Betrachtung präzisiert und betont den Aspekt der Abwägung<br />

im Rahmen der Entscheidung über das Vorgehen 57 . So heißt es:<br />

„Zutreffend geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, daß den Aufsichtsrat die Pflicht trifft,<br />

eigenverantwortlich das Bestehen von Schadensersatzansprüchen der Gesellschaft gegenüber Vorstandsmitgliedern<br />

zu prüfen und, soweit die gesetzlichen Voraussetzungen dafür vorliegen, solche unter Beachtung<br />

des Gesetzes- und Satzungsrechtes ... zu verfolgen. Diese Verpflichtung ergibt sich einmal aus der Aufgabe<br />

des Aufsichtsrates, die Geschäftsführung des Vorstandes zu überwachen ..., zum anderen daraus, daß der<br />

Aufsichtsrat die Gesellschaft gegenüber Vorstandsmitgliedern gerichtlich und außergerichtlich vertritt...<br />

Die Entscheidung des Aufsichtsrates, ob ein Vorstandsmitglied wegen Verletzung seiner<br />

Geschäftsführungspflichten auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden soll, erfordert zunächt die<br />

Feststellung des zum Schadensersatz verpflichtenden Tatbestandes in tatsächlicher wie rechtlicher Hinsicht<br />

sowie eine Analyse des Prozeßrisikos und der Beitreibbarkeit der Forderung. Bei seiner Beurteilung ... hat<br />

der Aufsichtsrat zu berücksichtigen, daß dem Vorstand bei der Leitung der Geschäfte des<br />

Gesellschaftsunternehmens ein weiter Handlungsspielraum zugebilligt werden muß, ohne den eine<br />

unternehmerische Tätigkeit schlechterdings nicht denkbar ist. Dazu gehört neben dem bewußten Eingehen<br />

geschäftlicher Risiken grundsätzlich auch die Gefahr von Fehlbeurteilungen und Fehleinschätzungen...Gewinnt<br />

der Aufsichtsrat, den Eindruck, daß ... er (Anm. der Vorstand) also keine „glückliche Hand”<br />

bei der Wahrnehmung seiner Leitungsaufgabe hat, kann ihm das Veranlassung geben, auf dessen Ablösung<br />

hinzuwirken. Eine Schadensersatzpflicht des Vorstandes kann daraus nicht hergeleitet werden. Diese kann<br />

erst in Betracht kommen, wenn die Grenzen, in denen sich ein von Verantwortungsbewußtsein getragenes,<br />

ausschließlich am Unternehmenswohl orientiertes, auf sorgfältiger Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen<br />

beruhendes unternehmerisches Handeln bewegen muß, deutlich überschritten sind, die Bereitschaft,<br />

unternehmerische Risiken einzugehen, in unverantwortlicher Weise überspannt worden ist oder das<br />

Verhalten des Vorstandes aus anderen Gründen als pflichtwidrig gelten muß”.<br />

Soweit sich auf dieser Basis ein Schadensersatzanspruch ergibt, hat der BGH den Aufsichtsrat auch<br />

grundsätzlich für verpflichtet angesehen, diesen zu verfolgen. Ein Absehen von der Verfolgung sei nur<br />

gerechtfertigt,<br />

„wenn gewichtige Interessen und Belange der Gesellschaft dafür sprechen, den ihr entstandenen Schaden<br />

ersatzlos hinzunehmen. Diese Voraussetzung wird im allgemeinen nur erfüllt sein, wenn die Gesellschaftsinteressen<br />

und -belange, die es geraten erscheinen lassen, keinen Ersatz des der Gesellschaft durch<br />

den Vorstand zugefügten Schadens zu verlangen, die Gesichtspunkte, die für eine Rechtsverfolgung<br />

sprechen, überwiegen oder ihnen zumindest annähernd gleichwertig sind.”<br />

Die Verfolgung der Ansprüche müsse dabei die Regel und das Absehen von der Verfolgung die Ausnahme<br />

sein.<br />

Der BGH hat die Entscheidung in der Sache an das OLG Düsseldorf zurückverwiesen.<br />

Was bedeutet dies nun praktisch für die Frage, ob der Aufsichtsrat einschreiten muß oder nicht 58 ? Die erste<br />

Frage ist die nach der Pflichtverletzung des Vorstandes. Liegt eine Verletzung der Gesetzes oder der Satzung<br />

der AG vor, wird man diese bejahen müssen. Hat der Vorstand bei einem riskanten Geschäft schlichtweg Pech<br />

gehabt, kann der Aufsichtsrat, soweit ein wichtiger Grund nach § 84 (3) AktG vorliegt, den Vorstand<br />

abberufen, eine Pflichtverletzung liegt aber nur unter den vom BGH genannten eingeschränkten Voraussetzungen<br />

vor. Die zweite Frage ist die, ob bei einer Pflichtverletzung von einer Verfolgung abgesehen<br />

werden kann. Auch hier wird man wiederum der konkreten Pflichtverletzung die gegen eine Verfolgung<br />

sprechenden Umstände entgegenstellen müssen. Allerdings werden gewichtige, ganz erhebliche Umstände<br />

anzuführen sein, wenn man bei dem im o.g. Fall im Raum stehenden Schaden von 80 bis 125 Mio. DM z.B.<br />

von einer Verfolgung absehen will.<br />

57 BGH Urteil v. 21.4.97 NJW 97, 1926 ff<br />

58 Vgl. Horn ZIP 97, 1129 ff, 1136 ff und Thümmel DB 97, 1117 ff

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