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Projet_Notre Vision DE

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<strong>Projet</strong>_<strong>Notre</strong> <strong>Vision</strong> <strong>DE</strong> 10/01/06 11:31 Page 167<br />

Henryk MUSZYNSKI ´<br />

Erzbischof von Gnesen<br />

Europa im Jahr 2020<br />

Es ist keineswegs leicht, die Faktoren zu bestimmen, die heute die Identität<br />

Europas ausmachen, geschweige denn eine <strong>Vision</strong> des Europa von 2020 aufzuzeigen.<br />

Selbstverständlich geht es hier nicht um eine weitere subjektive Utopie, sondern<br />

darum, möglichst genau die Entwicklungstendenzen unter dem Blickwinkel<br />

dessen aufzuzeigen, was den Begriff der europäischen Identität ausmacht.<br />

Europa in seiner zivilisatorischen Dimension als Geschichts-, Traditions- und<br />

Kulturgemeinschaft mit einem bestimmten Wertesystem ist keine statische, abgeschlossene,<br />

ein für allemal gegebene Realität. Europa ist eine dynamische und sich<br />

ständig weiter entwickelnde Realität, die sich immer wieder aufs Neue schafft<br />

und sich dennoch treu bleibt und wichtige Eigenschaften und Merkmale, die es<br />

von anderen Zivilisationsformen unterscheiden, bewahrt. Im Bewusstsein der<br />

Europäer, das die Identität maßgeblich mitbestimmt, bleibt Europa sich gleich,<br />

wenn auch nicht dasselbe. Die Frage nach seiner künftigen Identität ist deshalb<br />

mehr als gerechtfertigt 1 .<br />

In der Präambel des Verfassungsvertrags wird Europa als „in Vielfalt geeint“<br />

bezeichnet. Es lässt sich kaum leugnen, dass es das Christentum war, das mit<br />

seinem Wertesystem Europa die zivilisatorische Einheit gebracht hat. Ihm ist es<br />

gelungen, das Gefühl für die Würde des Menschen, die Freiheit, die Achtung<br />

des Rechts, Elemente des antiken Griechenland, des römischen Rechts und des<br />

jüdischen Geistes mit den Errungenschaften des Humanismus und der Aufklärung<br />

zu verbinden.<br />

Seit der Epoche der Aufklärung besteht jedoch eine deutliche innere Spannung<br />

zwischen der Inspiration der christlichen europäischen Kultur und der Haltung<br />

des weltlichen Humanismus. Das Aufeinanderprallen dieser beiden Tendenzen<br />

wurde in den jüngsten Überlegungen zur Zukunft Europas offenbar. Während die<br />

Vertreter der einen Richtung ausdrücklich an das christliche Wertesystem anknüpfen,<br />

auf das Europa sich gründet, sehen die Vertreter der anderen Richtung die<br />

Zukunft eher in einem nachchristlichen Europa. Ein unermüdlicher Verfechter<br />

der ersten <strong>Vision</strong> ist Johannes Paul II. Einen völlig entgegengesetzten Standpunkt<br />

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