Projet_Notre Vision DE
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<strong>Projet</strong>_<strong>Notre</strong> <strong>Vision</strong> <strong>DE</strong> 10/01/06 11:31 Page 65<br />
Armando DIONISI<br />
Leiter der italienischen UDC-SVP Delegation der EVP-ED-Fraktion<br />
im Europäischen Parlament<br />
Christentum, Europa und Abendland<br />
In seinen Betrachtungen aus dem Jahr 1946 erklärte der Katholik Romano<br />
Guardini, einer der bedeutendsten Exponenten der europäischen Kultur des zwanzigsten<br />
Jahrhunderts, in Anbetracht der Katastrophe, in die die totalitären Ideologien<br />
den Kontinent gestürzt hatten: „Wenn Europa auch in Zukunft noch existieren soll,<br />
wenn die Welt Europa weiter brauchen soll, muss es seine durch die Gestalt Christi<br />
determinierte geschichtliche Einheit bewahren; muss es sich mit neuer Ernsthaftigkeit<br />
zu dem entwickeln, was es von seinem wahren Charakter her ist. Wenn Europa<br />
von dieser Grundlage abgeht, hat das, was dann noch davon übrig ist, keine große<br />
Bedeutung mehr 1 .“ Diese christliche Einschätzung Europas wird auch von der einsichtigen<br />
weltlichen Kultur anerkannt.<br />
Sergio Romano, einst NATO-Botschafter und Lehrkraft an den Universitäten<br />
Berkeley und Harvard und an der Bocconi-Univerität Mailand, hat kürzlich festgestellt:<br />
„Europa und Christentum sind zwei voneinander untrennbare Begriffe mit<br />
einer langen gemeinsamen Geschichte, und es ist unmöglich, die Geschichte des einen<br />
ohne die des anderen zu erzählen... Schon Croce hat gesagt, dass die rationalistische<br />
Strömung des Christentums den Boden bereitet habe für die Philosophie der<br />
Aufklärung und in der Politik für die Demokratie mit deren Hang zu Gleichheit und<br />
Ausgleich. Das Christentum hat im Leben des Abendlands den Begriff der Erwartung<br />
eingeführt und der europäischen Zivilisation neben zusammengehörigen Begriffen<br />
wie Dekadenz und Fortschritt auch den Begriff der Geschichte als kontinuierliche<br />
menschliche Schöpfung gebracht 2 .“<br />
Diese Einschätzung bringt so wie die vielen anderen, die sich hier zitieren ließen,<br />
die Notwendigkeit zum Ausdruck, dass der Aufbau Europas über die engen Grenzen<br />
eines allein auf das internationale Gleichgewicht ausgerichteten geopolitischen<br />
Konzepts hinausgeht und die Inhalte einer politischen <strong>Vision</strong> annimmt, die sich auf<br />
Freiheit und Demokratie nach christlichem Vorbild gründet.<br />
Namentlich dieser Gedanke ermöglichte es in der Nachkriegszeit, die ersten entscheidenden<br />
Schritte auf dem langen Weg zur europäischen Einigung zu gehen.<br />
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