Projet_Notre Vision DE
Projet_Notre Vision DE
Projet_Notre Vision DE
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
<strong>Projet</strong>_<strong>Notre</strong> <strong>Vision</strong> <strong>DE</strong> 10/01/06 11:31 Page 52<br />
SIMON BUSUTTIL<br />
definieren, gelingt es uns schon, eine bessere Vorstellung von Europa zu entwickeln,<br />
wohl wissend, dass die „idealen“ Grenzen Europas stets unklar bleiben werden.<br />
Ich stimme zu, dass die EU an einem gewissen Punkt zu wachsen aufhören<br />
und sich festigen muss. Aufgrund seiner territorialen Ausdehnung und Vielfalt<br />
besteht bereits jetzt die Gefahr, dass Probleme von „Gigantismus“ auftreten, nämlich<br />
viele Bürger das Gefühl haben, sich weit weg vom Zentrum der Ereignisse<br />
zu befinden, und bei der Anbindung der entlegensten Ecken an jene Orte, an<br />
denen Entscheidungen getroffen werden, Kommunikationsprobleme auftreten. Von<br />
daher würde ich die Vermutung wagen, falls und wenn es der EU gelungen sein<br />
wird, die Türkei und die Ukraine sowie vielleicht einige kleinere Staaten einzugliedern,<br />
wozu Länder wie die Moldau und Belarus im Osten, Island und<br />
Norwegen im Norden gehören könnten, hätte sie ihre Möglichkeiten weitestgehend<br />
ausgeschöpft. Alles darüber hinaus würde die Gefahr des Zerfalls in sich<br />
bergen. Wichtig für die Stärkung des Zusammenhalts der Union sind nicht die physischen<br />
Grenzen, sondern vielmehr die Grundwerte Demokratie, Menschenrechte<br />
und Rechtsstaatlichkeit sowie eine gemeinsame <strong>Vision</strong> von der Rolle der EU in<br />
der Welt, die als gemeinsames Band die unterschiedlichen Mitgliedstaaten zusammenhalten.<br />
Ein solches Europa könnte der Kernpunkt eines „Großeuropa“ werden,<br />
das Russland als Partner ebenso einschließt wie andere benachbarte Staaten.<br />
Es wird auch Brennpunkt einer stärkeren Partnerschaft im Mittelmeerraum sein.<br />
In fünfzehn Jahren wird sich die europäische Landschaft erheblich verändert<br />
haben. Die EU wird aller Wahrscheinlichkeit nach gewachsen sein. Ich nehme an,<br />
dass die „Wissensgesellschaft“ bis dahin konkrete Gestalt angenommen haben<br />
wird. Das Rätsel der europäischen Wettbewerbsfähigkeit ist bis dahin zufrieden<br />
stellend gelöst. In Verbindung mit einer sichereren Umwelt und entsprechenden<br />
Verbesserungen im Gesundheitswesen würde dies die Voraussetzungen für eine<br />
spürbar höhere Lebensqualität der Mehrheit der Bürger Europas schaffen.<br />
Soziologisch betrachtet wird sich Europa ebenfalls verändert haben: Seine<br />
Bevölkerung ist gealtert. Wenn wir die gegenwärtige Geschwindigkeit des technologischen<br />
Wandels zugrunde legen, steht zu erwarten, dass sich auch die<br />
Lebensweise drastisch verändert haben wird.<br />
Es wäre jedoch falsch, Europas materiellen Fortschritt als vorherbestimmte<br />
lineare Entwicklung zu betrachten. So liegen die Dinge nicht, und die Gefahr<br />
eines Rückschlags ist immer gegeben. Politiken können misslingen, das passiert<br />
sogar recht häufig, und wenn wir uns zu ehrgeizige Ziele setzen, riskieren wir,<br />
diese nicht zu erreichen. Deshalb müssen sie ständig überprüft werden.<br />
Europa expandiert und arbeitet daran, seinen inneren Zusammenhalt zu stärken;<br />
daher besteht immer die Gefahr, dass es zu sehr mit sich selbst beschäftigt<br />
ist und nur nach innen schaut. Um dieser Gefahr entgegenzusteuern, hat die EU<br />
ihre Nachbarschaftspolitik ins Leben gerufen, die zwar noch ganz am Anfang<br />
steht, aber trotzdem in den unmittelbaren Nachbarstaaten der Union auf großes<br />
Interesse stößt.<br />
In einer globalen Welt wie der unseren wäre es jedoch kurzsichtig, nicht über<br />
52