Projet_Notre Vision DE
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<strong>Projet</strong>_<strong>Notre</strong> <strong>Vision</strong> <strong>DE</strong> 10/01/06 11:31 Page 242<br />
JÓZSEF SZÁJER<br />
die Union stellt noch kein fertiges politisches Gebilde dar: Ihre künftige<br />
Ausrichtung hängt sehr stark von den Vorstellungen ihrer Bürger und ihrer politischen<br />
Vertreter ab. All diese Punkte können beim Aufbau der Europäischen<br />
Union des 21. Jahrhunderts eine Rolle spielen.<br />
Bestimmung nationaler und europäischer Interessen<br />
Im Hinblick auf die Dichotomie der nationalen und europäischen Interessen<br />
steht ganz obenan die Frage, welchen Standpunkt man zur klassischen Kontroverse<br />
bzw. zum Streitpunkt zwischen dem „Europa über den Nationen“ und dem<br />
„Europa der Nationen“ bezieht. Zunächst einmal müssen wir unserer Ansicht<br />
nach über den Rahmen dieser Kontroverse hinausgehen und uns über diese<br />
Debatte erheben. Hierfür bieten sich zwei Dinge an: zum einen die Stärkung<br />
des Regionalismus, d. h. der Ausbau der lokalen Selbstverwaltungen, und zum<br />
anderen die Anerkennung und Einbindung von Völkergemeinschaften, die vielfach<br />
über die Grenzen eines bestimmten Gebietes hinaus verbreitet sind, zum<br />
Beispiel nationale Minderheiten. Verbindet man diese beiden Theoreme, die<br />
beide auf dem Subsidiaritätsprinzip beruhen, dann müssen wir auch lokale<br />
Gebietskörperschaften, autonome Körperschaften und die lokalen Selbstverwaltungen<br />
anerkennen. Ihnen kommt bei der Gestaltung der Zukunft Europas eine<br />
entscheidende Rolle zu.<br />
Ein „Europa über den Nationen“ würde zur Schaffung der Vereinigten Staaten<br />
von Europa führen, in denen die meisten Entscheidungen fernab von den Bürgern<br />
und ihren Gemeinden gefällt werden würden. Die Union sollte sich jedoch nicht<br />
über die Mitgliedstaaten stellen, sondern für eine effiziente Zusammenarbeit zwischen<br />
ihren Mitgliedern Sorge tragen. Andererseits kann man auch das Konzept<br />
des „Europa der Nationen“ nicht gutheißen, denn zum einen ist hier der Terminus<br />
„Nation“ ungenau (er umfasst nur die politische Nation) und zum anderen gehen<br />
die Vertreter dieses Konzepts von der traditionellen Idee eines homogenen<br />
Nationalstaates aus. Wesentliche Voraussetzung für den Erfolg der europäischen<br />
Integration war bisher die Abwendung von dieser Idee sowie die verstärkte<br />
Anerkennung der Grundsätze der Dezentralisierung, der Subsidiarität und der<br />
Selbstverwaltung, und dies sollte unserer Meinung nach auch künftig der Fall<br />
sein.<br />
Ich bin der festen Überzeugung, dass in Zukunft nationale Interessen sowie das<br />
Allgemeininteresse der Europäischen Union Berücksichtigung finden müssen.<br />
Die Mitgliedstaaten sollten zwar stets ihren eigenen Standpunkt vertreten, gleichzeitig<br />
aber auch dem europäischen Interesse Rechnung tragen. Die Europäische<br />
Union ist über die Anfangsphase längst hinweg, als es bei dem Prozess lediglich<br />
um die wirtschaftliche Integration und Zusammenarbeit ging. Die EU kann nicht<br />
wie ein Wirtschaftsunternehmen geführt werden, bei dem die Anteilseigner je<br />
nach ihrem Anteil am Grundkapital Anspruch auf eine Dividende haben. Bei der<br />
Festlegung der Ziele der Union und der Auswahl der anzuwendenden Mittel<br />
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