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Briefe über Syphilis

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sie sich wieder blicken liessen, eine andere, wo man den Kran­<br />

ken in Bicetre Willkommen und Abschied mit der Peitsche gab.<br />

Alles das hat die Zahl der Kranken nicht vermindern können,<br />

im Gegentheil, und die welche die Peitsche verordneten, hätten<br />

vielleicht dieselbe am ehesten verdient. Solche barbarische<br />

Maassregeln sind mit Recht ausser Anwendung gekommen.<br />

Man muss zweifelsohne alle die, welche man erreichen<br />

kann, unter strenger Controlle hallen, z. B. das Militär und<br />

alle die, auf welche man Rechte hat, absondern. Aber eine<br />

gewisse Toleranz und Nachsicht mit Fehlern, die sogar oft<br />

wider Willen verübt werden, gute Krankenhäuser mit Hülfs-<br />

mitteln, wie man sie heut zu bieten im Stande ist, und die<br />

noch verbessert werden können, das sind im Allgemeinen die<br />

besten prophylactischen Mittel, oder wenigstens die, welche die<br />

Krankheit immer weniger gefährlich machen werden.<br />

Uebrigcns haben diejenigen, welche die traurigen Arbeits- und<br />

Verdienstverhältnisse kennen, in denen sich die Frauenzimmer<br />

in unserem heutigen Gcscllschaflszusland befinden, jene längst<br />

als eiue der ergiebigsten Quellen der Prostitution und folglich<br />

der Fortpflanzung der <strong>Syphilis</strong> anerkannt. Die Arbeitsverhält­<br />

nisse der Frauenzimmer verbessern, heisst gleichzeitig ein Werk<br />

der Humanität uud Liebe, der Moral und der öffentlichen Ge­<br />

sundheitspflege vollbringen.<br />

Sie erinnern sich, was ich Ihnen von der Art, wie die<br />

Chanker entstehen, gesagt habe. Man muss dessen eingedenk<br />

sein, um sie zu vermeiden. Das sicherste prophylactische Mittel,<br />

welches die Wissenschaft anrathen kann, ist sich nicht der Ge­<br />

fahr auszusetzen. Das scheint etwas naiv; aber die Wollüst­<br />

linge mögen dessen eingedenk sein, es ist die reine Wahrheit.<br />

Ich komme damit an eine kitzliche und klippenreiche Frage;<br />

eine Frage, von der nicht entschieden ist, ob sie <strong>über</strong>einstimmt<br />

mit der Moralität und dem göttlichen Beruf des Arztes, nämlich<br />

ob der Arzt Rathschläge zur Vermeidung eines Uebels geben<br />

kann und darf, da es doch vcrabscheueiiswerth ist, sich der<br />

Quelle eines solchen Uebels auszusetzen. Aber ich will nicht<br />

strenger sein, als der ernste Parent-Duchätelct, der diesen Ge­<br />

genstand mit der Reinheit der Absichten, die man von ihm ge­<br />

wohnt ist, behandelt hat. Bin ich' nicht übrigens durch die<br />

Natur dieser <strong>Briefe</strong> selbst gesichert? Ich schreibe für Gelehrte,

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