Briefe über Syphilis

236
düngen und Entmischungen, wie Armutli des Blutes sind die
besten Unterstützungsmittel für den Phagedäuismus und die Drüsenanschwellungen.
Es ist uuuöthig, darauf aufmerksam zu
machen, dass man erst diese Zustände beseitigen muss.
Bei so grosser Anzahl von Ursachen, die gemeinsam oder
einzeln wirken können, ist es nicht möglich, die Zahl der zur
Syphilisation nölhigcn Chanker zu bestimmen, eben so wenig
als man absolut angeben kann, wie viel Opium zum Schlaf,
wie viel Wein zu einem Rausch nöthig ist.
Man kann aber ohne Gefahr sich zu irren, die von Herrn
Ricord etwas zu freigebig hervorgehobene Zahl, die übrigens
nicht ausdrücklich in der Abhandlung des Herrn Sperino ge­
nannt wird, um drei Viertel vermindern. Und warum Sätze
wie der folgende in der eben genannten Abhandlung mit Stillschweigen
übergehen: Bei den Weibern, die alte und grosse
Geschwüre hatten, waren die ersten künstlichen Geschwüre kleiu
und es war nach wenigen Impfungen nicht mehr möglich neue
hervorzubringen? Das Maximum des Herrn Sperino würde über­
dies sehr verringert werden, wenn er, wie ich schon oben sagte,
die Impfungen eine nach der andern gemacht hätte, bis gegen
die Zeil hin, wo diese Vorsicht nicht mehr nöthig gewesen wäre.
Ucbcrhcben sie mich auch Ihnen zu sagen, wie lange die
Nichtempfänglichkeit dauern wird. Wie lange bewahren uns
die Vaccine oder die Variola ihrerseits? Wir wissen es nicht,
obgleich wir diese beiden Stoffe seit lange studiren! W 7 ie kön­
nen wir es von der Syphilis besser wissen? Aber sicherlich
übertreibe ich nicht, wenn ich die Zeit der Präservation auf die
der Blüthejahre ausdehne. Ich schöpfe diese Ueberzeugung aus
verschiedenen schon alleren Erfahrungen und Beobachtungen.
Was hinderte übrigens syphilitische Revaccinationen, wenn sie
nöthig werden sollten? Diese Revaccinationen würden sich auf
einige wenige Impfungen beschränken, denn sie hätten nur zum
Zweck, eine schon früher erlangte und noch nicht erschöpfte
Nichtempfänglichkeit zu verlängern.
Ich schlage übrigens nicht vor, diejenigen zu svphilisiren,
die ohne dies vor jeder Contagion geschützt sind. * Es wäre
Verrücktheit ein Haus gegen Feuersgefahr zu versichern, wenn
es nicht in Brand geralhen kann. Man wende das Mittel viel­
m
ehr bei denjenigen an, die der Ansteckung sehr ausgesetzt