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Briefe über Syphilis

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Wie klug war Guy-Patin, dass er seine köstlichen <strong>Briefe</strong><br />

nur in den vertraulichen Mantel der Freundschaft hüllte. Hät­<br />

ten Andre, als seine Freunde Spon und Faleonnet, seine spru­<br />

delnde und pikante Originalität geahnt, der kraftvolle und geistreiche<br />

Feind des Antimon und des Mazarin hätte weder seine<br />

reiche Praxis, noch sein Decanal, noch seinen Lehrstuhl am<br />

College de France behauptet.<br />

Und doch — glauben Sie meiner geringen Erfahrung als<br />

Gärtner — die Blumen, die schönsten uud seltensten Blumen<br />

bedürfen, um sich in ihrer vollen Blüthenpracht zu crschliessen.<br />

eine noch reichere Erde als die kostbarsten Cerealien.<br />

Welch' ein Glück also, dass Sie früher mit soliden Abhand­<br />

lungen, mit einem ordentlichen Buch in Oclav vorgegangen sind,<br />

dass Sie sich zum schweren Gross-Folio, mit schönen Kupfer­<br />

stichen gefüllt, aufgeschwungen haben, dass Sie Anmerkungen<br />

schrieben zum tiefen und gelehrten Hunter, ehe Sie daran gingen,<br />

Ihre <strong>Briefe</strong> zu schreiben. Ohne all' dies ehrwürdige Ge­<br />

päck würden Sie Gefahr laufen, bei einer grossen Anzahl achtbarer<br />

Collegen, die das Verdienst nach Gewicht und Volumen<br />

abschätzen, für unwissenschaftlich gehalten zu werden. Und<br />

Sie konnten ein Liedchen davon singen, als Sie an die Pforten<br />

der Academie klopften, diese Pforten, die Ihnen mit beiden<br />

Flügeln hätten aufgelhan werden sollen und die man Ihnen zwei<br />

Mal so eng machte, dass Ihr Verdienst nicht durch sie hindurch<br />

kommen konnte. Wussten Sie wohl, was man Ihnen damals<br />

vorwarf? Ihre Vorlesungen waren es, lieber Freund, diese so<br />

belehrenden und gleichzeitig so unterhaltenden Vorlesungen, Ihre<br />

so sprudelnden und lebensvollen Improvisationen, Ihre anziehende<br />

und anschauliche Sprache, die sich so treu in Ihren <strong>Briefe</strong>n<br />

wiederfindet. Anstatt Ihr Auditorium einzuschläfern, hallen Sie<br />

es stets wach durch den doppelten Reiz der Wissenschaft und<br />

des Witzes. Es giebt aber viele Leute, die nicht, wünschen, in<br />

ihrem Schlaf gestört zu werden. Dieser Grund Hess einst einen<br />

meiner Freunde, der so viel Witz hat als vier Andere, aber<br />

klug genug ist, ihn nur im vertraulichsten Kreise zu äussern,<br />

sagen, nur die Dummköpfe in der Medizin zeigten Witz. \\ ahr<br />

ist, dass er Sie oben an stellte unter — den Dummköpfen.<br />

Sie begreifen, dass ich nicht allein, um Ihnen Complimente<br />

zu machen, diesen Brief schreibe. Im Gegentheil, und ich weiss

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