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Briefe über Syphilis

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der Stiche. Erstens waren nicht alle Stiche inficirt, was schon<br />

dagegen sprach, sodann aber wurden an das andre Bein, wo<br />

die Kranke ebenfalls Schmerzen halle, auch Blutegel gesetzt?<br />

diesmal aber Sorge getragen, dass die Stiche von jeder verdächtigen<br />

Berührung verschont blieben und — es wurde auch keine<br />

der Wunden in ihrem regelmässigen Verlauf gestört.<br />

Noch einen und noch schlagenderen Beweis. Oft habe ich<br />

an Kranken mit constitulioneller <strong>Syphilis</strong> experimentirt. Vergleichsweise<br />

gemachte Einstiche ergaben nur an den Orten, wo<br />

mit Chankereiter geimpft war, positives Resultat. Es ist also<br />

falsch, sich einen Syphilitiker wie einen Schlauch voll von syphilitischem<br />

Virus zu denken, der durch die kleinste Oeffnung<br />

das Gift entleerte. Das Bild ist zwar recht poetisch, aber es<br />

passt nicht.<br />

Soll das erwähnte Resultat mit Nothwendigkeit erhalten<br />

werden, so muss der contagiöse Stoff natürlich zu einer gewissen<br />

Zeit aus dem Chanker entnommen werden, nämlich in<br />

der Periode des Fortschrittes, oder des specifischen Status quo.<br />

Das ist leicht einzusehen und ich darf sicherlich hoffen, Sie<br />

nicht zu ermüden, wenn ich Ihnen mittheile, dass wenn Sie<br />

Eiter des verheilenden oder vernarbenden Geschwüres nehmen,<br />

Sie einen unschädlichen Eiter haben werden, der Ihnen nur<br />

negative Impfresultate giebt, so dass also dasselbe Geschwür,<br />

zu zwei verschiedenen Zeiten um seine Natur befragt, ja und<br />

nein antworten wird. Daraus wird jeder wissenschaftliche Beobachter<br />

den Schluss ziehen müssen, dass es kein Widerspruch<br />

der Resultate, keine Unsicherheit der Experimentation, keine<br />

Spiegelfechterei, keine Spitzfindigkeit der Theorie ist, wenn ich<br />

entgegenstehende Thalsachen, wie die von Bru behaupteten,<br />

auf diese Weise zu entkräften suche. Wenn es Bru nicht gelang,<br />

Chankereiter weiter zu impfen, so ist nur zweierlei möglich:<br />

entweder er hatte falsch diagnosticirt und Eiter aus anderen<br />

Geschwüren genommen, oder er hatte sich eines Eiters<br />

aus verheilenden Chankern bedient, Anders kommt man aus<br />

diesem Dilemma nicht heraus; denn ich behaupte und bin bereit<br />

es jedem Ungläubigen zu zeigen, der Chankereiter ist wesentlich<br />

impf bar.<br />

Sie finden gewiss, lieber Freund, dass ich mich zu sehr<br />

dem Vergnügen, Ihnen zu schreiben, <strong>über</strong>lasse, aber das ist

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