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Briefe über Syphilis

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11<br />

Die Gelegenheit war mir günstig. Das Höpital du midi<br />

ölfucle seine Säle damals jenen unglücklichen Geschöpfen, welche<br />

das Bureau hinschickte.<br />

Bei dieser Gelegenheit kann ich nicht umhin, lieber Freund,<br />

Sie daran zu erinnern, dass, ehe ich das Höpital du midi <strong>über</strong>nahm,<br />

die Untersuchung eines Frauenzimmers lediglich darin<br />

bestand, dass man sie auf einen Sluhlrand setzte, die äusseren<br />

Geschlechtslheile besichtigte und dass, wenn mau hier keine<br />

Verletzung der Gewebe conslatirte, jede krankhafte Ausscheidung,<br />

deren Quelle höher gelegen war, ganz gewöhnlich für<br />

einen bleuuorrhoischen Ausfluss gehalten wurde. Am Scheideneingang<br />

hatten meine Vorgänger die Hcrculessäulen des Chankers<br />

errichtet.<br />

Ich konnte und durfte mich nicht bei dieser oberflächlichen<br />

und unvollständigen Untersuchung beruhigen. Wir waren jeuer<br />

Zeit nicht fern, wo Recamicr mit so viel Glück das Speculum<br />

aus dem chirurgischen Armamcntarium hervorgezogen halte.<br />

Ein Jeder kennt die schönen Bereicherungen, welche die Diagnostik<br />

der Uteruskrankhcileu durch diesen berühmten Arzt erfahren<br />

haben. Aber dies schätzenswerthe Instrument war zur<br />

Diagnose syphilitischer Krankheiten bisher nicht benutzt worden.<br />

Seine Anwendung galt in diesen Fällen vielmehr für eine Contra<br />

-Indicalion. Ich kehrte mich nicht an diese sehr verbreitete<br />

Ansicht, sondern ich wendete das Instrument im Gegentheil bei<br />

sämmtlichen Frauenzimmern meiner Abtheilung an.<br />

Ich weiss nicht, ob die Nachwelt das Urtheil eines meiner<br />

sehr gelehrten Kritiker theilen wird, welcher mir nur ein sehr<br />

winziges Verdienst um die Pathologie der <strong>Syphilis</strong> zuerkennt.<br />

Wenn ich indess bedenke, lieber Freund, welch' tiefes Dunkel<br />

die Diagnose syphilitischer Krankheiten vor der Anwendung des<br />

Multcrspiegels umgab, und wenn ich die Verlegenheit der Aerzte<br />

jener Zeit, wenn sie eine bestimmte Meinung aussprechen sollten,<br />

mit der Leichtigkeit vergleiche, mit welcher man jetzt eiu<br />

sicheres Urtheil zu fällen im Stande ist, wenn ich alle den<br />

Nutzen erwäge, den das Speculum diesem Theile ärztlicher<br />

Praxis geleistet hat, so glaube ich, dass, wenn selbst hiermit<br />

meine Theilnahme am wissenschaftlichen Fortschritt erloschen<br />

v\äre, man mich doch etwas hart beurtheilt hätte.<br />

Durch Anwendung des Speculum war ich im Stande, auf

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