Spuren und Spurenleser. Zur Theorie und Ästhetik des - repOSitorium
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man als Festuca rubra ssp. nigrescens ansprechen konnte, sowie eine Form, die eher zu<br />
den kurzausläufertreibenden »Zwischensorten« (vgl. Boeker 1965, S. 244) gehörte. Das<br />
paßt gut zu den älteren <strong>und</strong> neueren Rasenmischungen für Hausgärten <strong>und</strong> Wohnanlagen,<br />
die in der Literatur genannt werden. 51<br />
Was den Agrostis-Komplex angeht, so war eine Population einigermaßen leicht mit<br />
Agrostis stolonifera zu identifizieren, die andere schien zunächst in Übereinstimmung<br />
mit der DIN 18 917 Agrostis capillaris (=tenuis) zu ein. Es handelte sich aber um Agrostis<br />
castellana, von der es in Oberdorfers Exkursionsflora seit den 60er Jahren heißt, sie<br />
sei durch Raseneinsaaten eingeschleppt (vgl. Scholz 1966, S. 322ff. <strong>und</strong> jetzt auch Hegi,<br />
Bd. 1, Teil 3, 1989, S. 350f.; »seit 1955 in unserem Gebiet eingeschleppt«). Das von<br />
Hause aus in Südeuropa weitverbreitete Gras (vgl. castellana: »kastilisch«) wird heute<br />
vor allem von den USA, von Kanada <strong>und</strong> England her als Agrostis tenuis »Highland<br />
Bent« auf den Markt gebracht. Es soll nach den Angaben der Literatur auch in Ruderalgesellschaften<br />
übergehen, wurde aber auf der benachbarten Industriebrache, dem von<br />
mir 1988 <strong>und</strong> 1989 sehr genau untersuchten ehemaligen Hammersengelände, nicht gef<strong>und</strong>en<br />
(vgl. auch Hard, Spata <strong>und</strong> Tabor 1989).<br />
Alle diese Zusatz-Beobachtungen machen etwas anderes als die Abstammung von<br />
einer Rasenansaat vom Typ »Zierrasen« schwer denkbar.<br />
In solchen Fällen kann man sich oft auf ein weiteres Indiz verlassen, das neben der<br />
bisher erörterten Artengarnitur ebenfalls zur »grammatologischen Struktur« <strong>des</strong> Signifikanten<br />
gehört: Die räumliche Struktur, d.h. die Verteilungs-, Verknüpfungs- <strong>und</strong> Ausbreitungsmuster<br />
der Elemente <strong>des</strong> Zeichens.<br />
Charakteristisch für Rasenansaaten ist die relativ disperse (»gleichmäßige«) Verteilung<br />
vor allem bei den eingesäten Grasarten. Abweichungen kommen durchweg durch<br />
Störungen zustande. Diese disperse Verteilung ist auch bei vielen Arten der gealterten<br />
Zierrasen <strong>und</strong> sogar noch bei Trittrasen zu erkennen, die aus solchen Zierrasen entstanden<br />
sind. (»Spontane« Trittrasen, z.B. an Wegen, auf »wilden« Bolzplätzen oder auch<br />
an Weidetoren kann man an ihrer ungleichmäßigen Struktur demgegenüber meist gut<br />
unterscheiden.) Die disperse Struktur der meisten Rasen- <strong>und</strong> Trittrasenarten (vor allem:<br />
Festuca spp., Agrostis spp., Lolium perenne, Plantago major), die sich bei Verbrachung<br />
tendenziell abschwächt, hatte sich in unserem Mäusegerste-Rasen noch gut<br />
erhalten <strong>und</strong> bildete ein weiteres Indiz (ein Historiker würde sagen: einen strukturellen<br />
Überrest).<br />
Zwar können schon alternde Scherrasen durch eindringende Rasen-»Unkräuter« <strong>und</strong><br />
»Ungräser« etwas fleckig werden. Die meist relativ disperse Struktur verändert sich<br />
aber oft erst mit dem »Brachfallen«; die »auflassungs-« oder »verbrachungsbedingte«<br />
Vegetation bekommt dann eine deutlichere Mosaik- oder Mikromosaik-<br />
rasen zu finden. Die Zier- <strong>und</strong> Scherrasen der Städte <strong>und</strong> überhaupt der Siedlungen erinnern in dieser Hinsicht<br />
also an die Weiden einer älteren Agrarlandschaft.<br />
51 Ob Lolium perenne mitgesät worden ist, kann offenbleiben; nach den Angaben <strong>und</strong> Empfehlungen der<br />
Literatur ist <strong>und</strong> war das für einen Zierrasen eher »kunstwidrig«. Außerdem verschwindet Lolium perenne<br />
in einem gepflegten Zierrasen oft schon nach wenigen Jahren wieder.<br />
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