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Spuren und Spurenleser. Zur Theorie und Ästhetik des - repOSitorium

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In Osnabrück jedenfalls ist Hordeum murinum bisher zwar in viele Trittrasen, aber<br />

noch kaum flächenhaft in Vielschnittrasen mit Zierrasencharakter eingedrungen. Und<br />

wenn, dann nur in öffentliche Rasen an wenig repräsentativen Stellen <strong>und</strong> im Abstandsgrün<br />

<strong>des</strong> Geschoßwohnungsbaus; in gepflegten privaten Rasen habe ich bisher die<br />

Mäusegerste bisher so gut wie nie als Saum beobachtet.<br />

2.8.8 Ergebnis der »fissions«: Eine Zusammenfassung durch Neuordnung<br />

der Vegetationsaufnahme<br />

Die »<strong>Theorie</strong> der Spur« macht es uns möglich, die Aufnahmetabelle neu zu interpretieren<br />

<strong>und</strong> zu ordnen. Die alternative Anordnung ist m.E. nicht nur historisch, sondern<br />

auch ökologisch schlüssiger. Die Tabelle 2 zeigt wiederum den flächenhaft ausgebildeten<br />

Mäusegersterasen (Hordeetum trifolietosum) an der Wörthstraße, aber nun nicht wie<br />

in Tabelle 1 in der üblichen Anordnung nach syntaxonomischen Kriterien, sondern<br />

nach den Begriffen der »<strong>Theorie</strong> der Spur« geordnet.<br />

Die »traditionalen Marken« sind in der Reihenfolge 1-3 zugewachsen. Die traditionalen<br />

Marken 1 können zur Basis der traditionalen Marken 2 <strong>und</strong> die traditionalen Marken<br />

2 zur Basis der traditionalen Marken 3 gerechnet werden. Die jüngsten Marken <strong>des</strong><br />

Mäusegerste-Rasens (sozusagen die 4. <strong>und</strong> 5. historische Schicht der Marken) sind<br />

weggelassen: nämlich die kleinen Mutterboden- <strong>und</strong> Bauschutt-Deponien <strong>und</strong> ihr Bewuchs.<br />

Die Zuordnung der einzelnen Arten wurde für die meisten Fälle schon ausführlich<br />

erörtert; es genügt hier also, etwas zu den restlichen Arten zu sagen. Geranium molle ist<br />

in Osnabrück vor allem in nicht sehr stark strapazierten Trittrasen verbreitet, Geranium<br />

pusillum dagegen eher im Hordeetum <strong>und</strong> Sisymbrion. Medicago lupulina hat im Stadtgebiet<br />

ihren Schwerpunkt eindeutig im Sisymbrion, Poa palustris eher im Artemisio-<br />

Tanacetetum, Dauco-Melilotion <strong>und</strong> Convolvulo-Agropyrion. Senecio jacobaea kommt<br />

in Osnabrück vor allem in ruderalen Wiesen <strong>und</strong> grasreichen Ruderalstauden vor, <strong>und</strong><br />

zwar meist auf kalkhaltigen, wenigstens basenreichen Substraten. Poa annua <strong>und</strong> Dactylis<br />

glomerata wurden weggelassen, weil sie originäre <strong>und</strong>/oder traditionale Marken<br />

(der 1. historischen Schicht) sein könnten.<br />

2.8.9 Die Bedeutungsgeschichte der Spur: Die Rekonstruktion der Signifikate <strong>des</strong><br />

historischen Zeichens<br />

Neben der Geschichte <strong>des</strong> Signifikanten (die in der physischen Welt abläuft) geht es bei<br />

der Analyse eines historichen Zeichens auch um die Geschichte der Signifikate <strong>des</strong> historischen<br />

Zeichens (eine Geschichte, die in der soziokulturellen Welt abläuft). Dabei<br />

geht es dann nicht mehr um die grammat(olog)ische, sondern um die semantische bzw.<br />

semische Struktur <strong>und</strong> Geschichte <strong>des</strong> historischen Zeichens, also um Interpretation im<br />

eigentlichen Sinne <strong>des</strong> Wortes. Statt der »fissions« werden jetzt, nach dem Wortspiel<br />

von d’Haenens, »fusions« vorgenommen, d.h. Wiedereinfügungen in die historischen<br />

Verwendungs-, Funktions- <strong>und</strong> Kommunikationszusammenhänge.<br />

Die théorie de la trace enthält aber ein detailliertes Programm <strong>und</strong> Begriffsraster<br />

nicht nur für die Formgeschichte, sondern auch für die Erk<strong>und</strong>ung der Bedeutungsgeschichte<br />

der Spur. Dabei geht es immer um mehrere bis viele Bedeutungen (vgl. Abb. 8,<br />

S. 88):<br />

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