Spuren und Spurenleser. Zur Theorie und Ästhetik des - repOSitorium
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mehr so sehr von metrischen Distanzen, sondern mehr von empf<strong>und</strong>ener <strong>und</strong> interpretierter<br />
»Dichte« ausgeht. Dann gehört dieser Ansatz aber eigentlich nicht mehr an diese<br />
Stelle, ja überhaupt nicht mehr in die Vierfeldertafel (es sei denn, man legt den Inhalt<br />
<strong>des</strong> Fel<strong>des</strong> 1 sehr weit aus, d.h. schließt den perzipierten Realobjektraum ein).<br />
Feld 4 bedeutet vor allem die (Mit-)Erklärung metrischer Distanzen zwischen Artefakten<br />
durch soziale, politische, ökonomische Phänomene, <strong>und</strong> d.h.: durch sozial-, politik-<br />
<strong>und</strong> wirtschaftswissenschaftliche <strong>Theorie</strong>n. Das ist im wesentlichen der spatial approach,<br />
der, wie sich gezeigt hat, nur ein Teilprogramm der Geographie sein kann.<br />
Feld 2 aber ist der Kern der klassischen Geographie. Die Kulturlandschaft (das Explanandum)<br />
wird interpretiert als Ergebnis gesellschaftlicher, historischer <strong>und</strong> anderer<br />
»menschlicher« Kräfte (um die alte, etwas vage Kräfte-Metaphorik der Geographen zu<br />
benutzen). Die berühmte Vokabel »Raumwirksamkeit« war von vornherein vor allem<br />
oder ausschließlich auf diesen Ansatz gemünzt. Hierher gehören auch die schon zitierten<br />
Ausdrücke: Die Landschaft als Ausdrucks-, Objektivierungs- oder Konkretisierungsebene,<br />
als Registrierplatte, Seismogramm, Reagens, Indikator ... sozialer Prozesse<br />
oder menschlichen Handelns. Ich habe mehrfach gezeigt, daß dies oft besser so übersetzt<br />
wird: Geographie als <strong>Spuren</strong>lesen <strong>und</strong> Indizienwissenschaft; d.h.: Räumliches<br />
bzw. Physisch-Materielles wird verstanden <strong>und</strong> gelesen als (vieldeutiges <strong>und</strong> lückenhaftes)<br />
Indiz für Soziales, Ökonomisches, Politisches.<br />
Das kann man auf Vegetationsk<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Vegetationsgeographie übertragen. <strong>Zur</strong> vegetationsk<strong>und</strong>lichen<br />
Illustration diene hier das Lolio-Plantaginetum (der Trittrasen <strong>des</strong><br />
Deutschen Weidelgrases <strong>und</strong> <strong>des</strong> Großen Wegerichs). Er kann zuweilen spontan z.B.<br />
auf Bolzplätzen oder »Teppichklopfrasen« wachsen, aber auch sek<strong>und</strong>är aus Rasenansaaten<br />
bzw. Scherrasen entstehen, wenn sie stärker betreten werden.<br />
Nach Feld 2 ist das Lolio-Plantaginetum das Explanandum, <strong>und</strong> es wird interpretiert<br />
50<br />
Abb. 4: Die zwei zentralen Raumbegriffe <strong>und</strong> die vier zentralen<br />
Forschungsprogramme der Geographie.