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Spuren und Spurenleser. Zur Theorie und Ästhetik des - repOSitorium

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Struktur (Cluster, Flecken, Herde). Das liegt daran, daß nun bestimmte vegetativ ausbreitungstüchtige<br />

Konkurrenzstrategen anfangen, sich gegen die stress tolerators durchzusetzen.<br />

(»Stress« waren hier z.B. Vielschnitt <strong>und</strong> Tritt.) Diese Fleckigkeit junger Brachen<br />

ist in der Literatur zur Vegetation von Brachflächen schon oft beschrieben worden;<br />

sie nimmt zuerst relativ rasch zu <strong>und</strong> dann langfristig oft wieder ab. Die Struktur<br />

wird also auch zum Indiz <strong>des</strong> Brachealters. In unserem Fall war diese Mosaikstruktur<br />

typischer Brachen erst in Ansätzen bemerkbar, sie nahm in den folgenden Jahren dann<br />

aber deutlich zu (vor allem bei einigen Ruderalstauden).<br />

Abb. 11 zeigt die untersuchte Parzelle, die im südlichen Teil von dem beschriebenen<br />

Hordeetum eingenommen wurde; der Mäusegerste-Rasen wurde von zwei älteren Bäumen<br />

teilweise etwas beschattet. Das gründerzeitliche Wohngebäude an der Wörthstraße,<br />

zu dem der Garten gehörte, war schon planiert. Entsprechend unterschiedlich waren die<br />

Substrate: Im nördlichsten Teil der Parzelle sowie östlich von ihr ein planierter Bauschuttboden,<br />

im südlichen Teil unter dem üppigen Mäusegerste-Rasen ein mitteltiefer<br />

Hortisol. Im Westen <strong>und</strong> Süden schließt sich eine ehemals parkähnliche Gartenbrache<br />

an, die jetzt mit Giersch-Brennessel-Stauden besetzt ist <strong>und</strong> (wie die Baubrache) noch<br />

gelegentlich gemäht wurde. (Hordeum murinum verträgt sogar relativ häufiges Mähen<br />

relativ gut!) Weiter im Osten lag dann die große Industriebrache <strong>des</strong> Hammersen-<br />

Gelän<strong>des</strong>.<br />

Der Mäusegerste-Rasen war, wie die Abbildung zeigt, in jüngster Zeit noch einmal<br />

stellenweise verändert worden. Über ihn wie über die ganze Parzelle liefen einige unterschiedlich<br />

stark genutzte Trampelpfade <strong>und</strong> durchbrachen die alten Zäune <strong>und</strong> Mauern<br />

im Westen <strong>und</strong> Süden der ehemaligen Wohnbauparzellen. (Das alte Parkgelände, zu<br />

dem die Pfade führen, wird heute als Spiel- <strong>und</strong> vor allem als H<strong>und</strong>eausführgelände<br />

stark genutzt.) Außerdem waren auf dem Mäusegerste-Rasen dicht nebeneinander etwas<br />

Bauschutt <strong>und</strong> humoser Boden abgelagert worden. Nach dem Bewuchs (auf dem Bauschutt<br />

ein Oenothera biennis-Verbascum phlomoi<strong>des</strong>-Bestand, auf der Gartenerde ein<br />

üppiger <strong>und</strong> dichter Bestand von Weißem Gänsefuß) mußte das in jüngster Zeit geschehen<br />

sein (frühestens am Ende <strong>des</strong> Vorjahres). Nacht- <strong>und</strong> Königskerze waren auch auf<br />

der direkt angrenzenen Industriebrache stark vertreten, konnten also leicht hierhergelangen,<br />

auch in der Samenbank.<br />

Unter der alten Roßkastanie (R) hatte der Schatten <strong>und</strong> vor allem der Laubfall den<br />

Mäusegersterasen weitgehend zum Verschwinden gebracht; die Mäusegerste ist ja gegenüber<br />

solcher herbstlich-winterlicher Bedeckung sehr empfindlich.<br />

Unter dem ziemlich ruinösen Kirschbaum (K) hatte sich der Mäusegerste-Rasen gehalten,<br />

war aber in Stammnähe auf charakteristische Weise verändert: Dort trat die<br />

Mäusegerste zurück, trittfeste Arten (Polygonum aviculare ssp., Plantago major, Matricaria<br />

discoidea) waren stärker als sonstwo im Mäusegerste-Rasen vertreten, aber zugleich<br />

hatte sich an gleicher Stelle ein Bestand von hohen Wegrauken etabliert.<br />

Das ist eine zunächst ungewöhnliche Kombination von nutzungs- bzw. trittbedingter<br />

Vegetation einerseits <strong>und</strong> sukzessionsbedingter Vegetation andererseits, d.h. von Arten,<br />

die Nutzungsintensivierung (Tritt) anzeigen, <strong>und</strong> einer Art, die Extensivierung (ein Ende<br />

der Nutzung) anzeigt (nämlich die Wegrauke). Dahinter mußte ein Nutzungswandel<br />

stecken, der erst kurze Zeit zurückliegen konnte, denn die Trittzeiger<br />

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