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Spuren und Spurenleser. Zur Theorie und Ästhetik des - repOSitorium

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entgegengekommen, <strong>und</strong> sei es nur dadurch, daß sie ziemlich sorgfältig die autochthonen<br />

Bezeichnungen der unterschiedlichen Vegetationstypen beachteten.<br />

1.7 Vegetationsgeographie <strong>und</strong> Vegetationsk<strong>und</strong>e als ein altes Hybridwissen:<br />

Schmithüsens Fußballplatz als vegetationsk<strong>und</strong>liches <strong>und</strong> vegetationsgeographisches<br />

Paradigma<br />

Die Verbindung der beiden Perspektiven kann man besonders gut in der klassischen<br />

Vegetationsgeographie studieren; die Vegetationsgeographie ist insofern eine genaue<br />

Parallele zur Vegetationsk<strong>und</strong>e. Das Programm der Vegetationsgeographie ging immer<br />

schon über eine »bloß« naturwissenschaftlich-ökologische Interpretation der Vegetation<br />

hinaus. Der Vegetationsgeograph, der die Fragestellungen seines Faches wirklich verstanden<br />

hatte, war (<strong>und</strong> ist noch immer) an einer spezifisch vegetationsgeographischen<br />

Vertiefung der Interpretation <strong>und</strong> Lesbarkeit von Vegetation interessiert. In abstraktester,<br />

aber klassischer Formulierung: Er war bestrebt, auch in der Vegetation einen<br />

Mensch-Natur- oder Kultur-Natur-Zusammenhang zu finden. Das war auch sein Mittel,<br />

sein spezialisiertes Tun mit dem Kernparadigma der klassischen Geographie zu verknüpfen,<br />

das man etwa wie folgt umschreiben kann: Der konkrete territoriale Mensch,<br />

die konkrete regionale Kultur in Harmonie <strong>und</strong> Konflikt, in Gleich- <strong>und</strong> Ungleichgewicht<br />

mit konkret-ökologischer Natur, die ihrerseits mit einem landschaftlichen Auge,<br />

als Landschaft betrachtet wurde. Diese Formel mag in vielerlei Hinsicht unklar sein <strong>und</strong><br />

implizit sogar allerlei Mythen enthalten; sie trifft aber das Selbstverständnis <strong>und</strong> die<br />

wirkliche Praxis der Vegetationsgeographen sehr genau, zumin<strong>des</strong>t die Praxis derjenigen<br />

Vegetationsgeographen, die sich betont als Geographen verstanden.<br />

Anders, aber wieder mit z.T. traditionellen geographischen Vokabeln gesprochen:<br />

Die Vegetation der Länder <strong>und</strong> Landschaften sollte vom Geographen gelesen werden<br />

als Gegenstand – d.h., als Voraussetzung <strong>und</strong> Ergebnis – menschlicher Praxen, Wertgebungen<br />

<strong>und</strong> Inwertsetzungen.<br />

Kurz, gerade die bewußtesten Vegetationsgeographen versuchten fast immer, über<br />

die physiognomisch-beschreibende Ebene <strong>und</strong> über die naturwissenschaftlich-ökologischen,<br />

später auch »bio-« <strong>und</strong> »geoökologisch« genannten Fragestellungen hinaus<br />

auch zu human- <strong>und</strong> kulturökologischen Fragestellungen <strong>und</strong> Perspektiven zu gelangen.<br />

Auch wo dieses Erkenntnisinteresse unausgesprochen blieb, war es die raison d’être,<br />

der eigentliche, geographische Sinn <strong>und</strong> die eigentliche Legitimation vegetationsgeographischer<br />

Arbeit, denn gerade diese kulturökologische Perspektive war es,<br />

mit der die Vegetationsgeographie ins genannte klassisch-geographische Mensch-<br />

Natur-Paradigma eingeb<strong>und</strong>en war.<br />

Schon in der klassischen Geographie taucht in eben diesem »kulturökologischen«<br />

Zusammenhang konsequenterweise dann auch die Frage auf: Auf welche Weise (z.B.:<br />

mit Hilfe welcher Kognitionen) <strong>und</strong> mit welchem Effekt wird die Vegetation einer<br />

Landschaft von den Verfügern <strong>und</strong> Bewohnern dieses Raumes wahrgenommen, interpretiert,<br />

bewertet? Man kann an klassisch-vegetationsgeographischen Texten (von<br />

Humboldt bis Gradmann, Troll <strong>und</strong> Schmithüsen) zeigen, daß Fragen dieser Art noch<br />

durchaus ins Erkenntnisinteresse der alten Vegetationsgeographie fielen. Solche Fragen<br />

verknüpften zumin<strong>des</strong>t im Prinzip die Beschreibung der Vegetation mit der Kultur <strong>und</strong><br />

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