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Spuren und Spurenleser. Zur Theorie und Ästhetik des - repOSitorium

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Bei allen vier Stadtnaturen, die Kowarik nennt, kann man also nicht nur fragen,<br />

wann sie real entstanden sind – das wäre ein Thema der Landschaftsgeschichte <strong>und</strong> der<br />

historischen Geobotanik, jedenfalls ein Kapitel der Realgeschichte. Man kann aber auch<br />

nach den ganz anderen Zeiten fragen, in denen diese Naturen entdeckt <strong>und</strong> symbolisch<br />

besetzt, sozusagen zu Symbolen erhöht <strong>und</strong> gewichtige Bestandteile der sozialen Kommunikation<br />

geworden sind (vgl. dazu die »symbolgeschichtliche« Skizze bei Hard<br />

1994).<br />

Natürlich verweisen die genannten vier Naturbegriffe auch auf etwas Reales, genauer,<br />

auf etwas, was in der physisch-materiellen Welt wirklich existiert. Aber man darf<br />

vermuten, daß Kowarik nie <strong>und</strong> nimmer auf die Idee gekommen wäre, gerade diese<br />

Naturen zu unterscheiden <strong>und</strong> zu charakterisieren, wenn sie nicht in unserer Kultur auch<br />

wirkungsvolle Symbole wären, also eine Symbolgeschichte hätten, gerade auch in der<br />

Lan<strong>des</strong>pflege, deren Existenz <strong>und</strong> Disziplingeschichte, deren Gesellschaftsrelevanz <strong>und</strong><br />

raison d’être, pointiert gesagt, weitgehend, wenn nicht fast ganz auf eben dieser Symbolik<br />

<strong>und</strong> ihrer durchschlagenden Plausibilität beruht.<br />

1.3 Natur <strong>und</strong> »Natur«: Die Natur der Stadt als Spur <strong>des</strong> Handelns <strong>und</strong> als<br />

Bestandteil <strong>des</strong> Handelns<br />

Ich formuliere nun einige vorläufige Folgerungen, die zu Beginn vielleicht befremdlich<br />

klingen, aber schließlich geradewegs auf die Pointe »Vegetationsk<strong>und</strong>e als <strong>Spuren</strong>lesen«<br />

(bzw. »<strong>Spuren</strong>lesen in der Vegetation«) hinauslaufen. Aufgr<strong>und</strong> dieser Überlegungen<br />

<strong>und</strong> ihrer Konsequenzen kann schließlich auch der Stellenwert <strong>des</strong> »<strong>Spuren</strong>lesens«<br />

im ganzen besser eingeschätzt werden. 2<br />

In einer vegetationsk<strong>und</strong>lichen Untersuchung geht es einmal um einen Teil <strong>des</strong>sen,<br />

was man die Natur (in) der Stadt nennt. Diese Natur in der Stadt wird zum einen als<br />

physisch-materielle Gegebenheit, zum andern aber auch <strong>und</strong> vor allem als Spur, als beabsichtigte<br />

<strong>und</strong> unbeabsichtigte Folge menschlicher Aktivitäten interpretiert. Einen<br />

Großteil dieser Aktivitäten kann man als »Handeln« interpretieren.<br />

Handlungen werden dadurch konstituiert, daß menschliche Aktivitäten auf eine bestimmte<br />

Weise interpretiert werden. Ganz abgekürzt kann man sagen, daß Handeln eine<br />

Aktivität ist, bei der der Agent weiß oder zu wissen glaubt, was er tut. Das ist wohl eine<br />

gute Auslegung der berühmten Formel, Handeln sei ein Verhalten, das mit einem sub-<br />

2 Im Folgenden spreche ich manchmal in nicht näher bestimmter Weise von »Ökologie« <strong>und</strong> »Ökologen«,<br />

vor allem von »Stadtökologie« <strong>und</strong> »Stadtökologen«. Natürlich ist das Wort »Ökologie« auch in »Stadtökologie«<br />

vieldeutig. Im engsten Sinne ist »Stadtökologie« »Biologie <strong>und</strong> nichts als Biologie«, in einem<br />

etwas weniger engen Sinn meint »Stadtökologie« die ganze Naturk<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Naturgeschichte der Stadt,<br />

d.h., ist ein Sammelname vor allem für Vegetationsk<strong>und</strong>e, Zoologie (<strong>und</strong> überhaupt Biologie), Klimatologie<br />

<strong>und</strong> Bodenk<strong>und</strong>e der Stadt. In einem noch weiteren Sinn ist Stadtökologie alles naturwissenschaftliche<br />

Wissen, was man zum Planen in der Stadt braucht, <strong>und</strong> schließlich sogar alles <strong>des</strong>kriptive <strong>und</strong> normative<br />

Wissen, das für den »ökologischen Umbau der Stadt«, das »Management der Ökostadt« von Nutzen ist –<br />

oder sozusagen alles, womit man gegen »die Unwirtlichkeit unserer Städte« angehen kann. Im folgenden<br />

kommen als Ausgangspunkt nur die engeren Bedeutungen in Frage; es wird sich aber zeigen, daß sie in<br />

ganz anderer Hinsicht zu eng sind. (Vgl. Hard 1994.)<br />

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