Spuren und Spurenleser. Zur Theorie und Ästhetik des - repOSitorium
Spuren und Spurenleser. Zur Theorie und Ästhetik des - repOSitorium
Spuren und Spurenleser. Zur Theorie und Ästhetik des - repOSitorium
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
insofern weniger erheblich, als man sich fast immer sofort (oder doch sehr bald) ohne<br />
Verzerrungsrisiken als Vegetationsk<strong>und</strong>ler zu erkennen geben kann. 22<br />
Die vorangehenden Kapitel über das <strong>Spuren</strong>lesen <strong>und</strong> das <strong>Spuren</strong>paradigma in heutigen<br />
Wissenschaften könnten <strong>und</strong> müßten natürlich durch weitere Beispiele <strong>und</strong> Disziplinen<br />
ergänzt werden. In einem der folgenden Kapitel wird immerhin noch das <strong>Spuren</strong>paradigma<br />
der Geschichtswissenschaft behandelt. Es fehlen aber einige Disziplinen,<br />
die – wenigstens partiell – ebenfalls dem <strong>Spuren</strong>paradigma folgen, nicht nur z.B.<br />
Kunstgeschichte <strong>und</strong> Archäologie, sondern z.B. auch historische Geologie <strong>und</strong> Paläontologie.<br />
Ich hoffe aber, daß die Beispiele ausreichten, um zu illustrieren, wie variabel<br />
das <strong>Spuren</strong>paradigma in modernen Wissenschaften fortlebte <strong>und</strong> fortlebt.<br />
2.2.2.3 Begriffsstutzigkeiten bei »sozialwissenschaftlich orientierten<br />
Freiraumplanern«<br />
In einer Schriftenreihe mit dem Titel »Arbeiten zur sozialwissenschaftlich orientierten<br />
Freiraumplanung« plädieren Gröning <strong>und</strong> Wolschke-Bulmahn auf den Schlußseiten ihrer<br />
professionshistorischen Untersuchung (Die Liebe zur Landschaft, Teil 1: Natur in<br />
Bewegung – <strong>Zur</strong> Bedeutung natur- <strong>und</strong> freiraumorientierter Bewegungen der ersten<br />
Hälfte <strong>des</strong> 20. Jahrh<strong>und</strong>erts für die Entwicklung der Freiraumplanung) in ziemlich hohem<br />
Ton dafür, die Freiraumplanung müsse sich sozial orientieren:<br />
»Für eine vorausschauende Freiraumplanung, die in einer demokratischen Gesellschaft<br />
<strong>des</strong> ausgehenden 20. Jahrh<strong>und</strong>erts zur Lösung von Umweltproblemen<br />
beitragen <strong>und</strong> an der Gestaltung unserer Umwelt mitwirken will, lassen u.E. die<br />
dargestellten verschiedenen Formen von Naturverständnis <strong>und</strong> Naturaneignung<br />
vor allem eines erkennen: eine soziale Orientierung ist eine unabdingbare Voraussetzung<br />
der Freiraumplanung. Freiraumplanung muß nicht die sogenannten<br />
Ansprüche außermenschlicher Natur, nicht ‘ökologische’ Erfordernisse, sondern<br />
soziale Interessen als Ausgangspunkt wählen. Die Forderungen nach einer ‘ökologisch’<br />
intakten Umwelt müssen über den Menschen begründet werden.« (Gröning<br />
<strong>und</strong> Wolschke-Bulmahn 1986, S. 230)<br />
Man fragt sich zunächst, warum die Autoren etwas formulieren, was in dieser nebulösen<br />
Allgemeinheit innerhalb wie außerhalb der Profession sicherlich fast jedermanns<br />
Zustimmung findet <strong>und</strong> auch kaum einen Widerspruch wert ist. Dann bemerkt man jedoch,<br />
daß diese Allgemeinheiten sich gegen einen gegenwärtigen Feind richten, der,<br />
wie es später heißt, »antisoziale Inhalte« verbreite:<br />
»Ohne ausführlich auf aktuelle Aspekte eingehen zu wollen, soll nur kurz auf eine<br />
u.E. problematische aktuelle Entwicklungstendenz hingewiesen werden. In verschiedenen<br />
Bereichen wird in den letzten Jahren eine soziale Orientierung in der<br />
Freiraumplanung zunehmend durch eine ‘ökologische’ Orientierung abgelöst.«<br />
(Gröning <strong>und</strong> Wolschke-Bulmahn 1986, S. 231)<br />
22 Als harmloser Vegetationsk<strong>und</strong>ler wiederum erhält man nebenher viele soziale Informationen, die man einem<br />
deklarierten Sozialforscher oder Interviewer kaum anvertraut hätte. Eine gewisse Irreführung über die<br />
»wahren« Interessen <strong>des</strong> Vegetationsk<strong>und</strong>lers ist also leider meistens doch dabei.<br />
57