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Hardt_Michael_Negri_Antonio_Empire_Die_neue_Weltordnung_German

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152 PASSAGEN DER SOUVERÄNITÄT<br />

gangs bewusst zu sein. Wir müssen diesen Übergang tiefgreifender betrachten,<br />

näher auf seine Begriffe eingehen und die Züge dieses <strong>neue</strong>n <strong>Empire</strong><br />

deutlich herausarbeiten. Ein erster Schritt bei diesem Unterfangen besteht<br />

darin, Nutzen und Grenzen der postmodernen und postkolonialen<br />

Theorien aufzuzeigen.<br />

Politik der Differenz<br />

Um dem kritischen Potenzial des postmodernen Diskurses wirklich gerecht<br />

zu werden, muss man den Blick zunächt auf die modernen Formen der<br />

Souveränität richten. Wie die vorangegangenen Abschnitte gezeigt haben,<br />

ist die Welt der modernen Souveränität eine manichäische Welt, die in eine<br />

Reihe binärer Oppositionen aufgeteilt ist, welche das Ich und den Anderen,<br />

Weiß und Schwarz, Drinnen und Draußen definieren. Das postmoderne<br />

Denken stellt nun genau diese binäre Logik der Moderne in Frage und liefert<br />

in dieser Hinsicht denjenigen, die gegen die modernen Diskurse des<br />

Patriarchats, des Kolonialismus und des Rassismus ankämpfen, wichtige<br />

Ressourcen. Im Kontext postmoderner Theorien sind es offenbar die Hybridität<br />

und die Ambivalenzen unserer Kulturen und unserer Zugehörigkeitsgefühle,<br />

welche die binäre Logik von Ich und Anderem, die hinter den modernen<br />

kolonialistischen, sexistischen und rassistischen Konstrukten steht,<br />

in Frage stellen. Ähnlich widersetzt sich das postmoderne Beharren auf<br />

Differenz und Besonderheit dem Totalitarismus universalisierender Diskurse<br />

und Machtstrukturen; die Betonung fragmentierter gesellschaftlicher<br />

Identitäten erscheint als Mittel, um die Souveränität sowohl des modernen<br />

Subjekts wie des modernen Nationalstaats mitsamt den damit verbundenen<br />

Hierarchien anzufechten. <strong>Die</strong>se kritische Sensibilität der Postmoderne ist in<br />

unserem Zusammenhang besonders wichtig, weil sie die Behauptung (oder<br />

das Symptom) eines Bruchs im Hinblick auf die gesamte Entwicklung moderner<br />

Souveränität darstellt.<br />

<strong>Die</strong> zahlreichen Diskurse, die unter der Flagge der Postmoderne segeln,<br />

sind nur schwer auf einen Nenner zu bringen, doch die meisten von ihnen<br />

beziehen sich zumindest indirekt auf Jean­Francois Lyotards Kritik der<br />

»großen Erzählungen« der Moderne, auf Jean Baudrillards Betonung kultureller<br />

Simulacra oder auf Jacques Derridas Kritik der abendländischen Metaphysik.<br />

Ganz grundlegend und verkürzt ausgedrückt, sind postmoderne<br />

Theorien dadurch bestimmt, dass viele ihrer Verfechter einen einzigen ge­

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