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Hardt_Michael_Negri_Antonio_Empire_Die_neue_Weltordnung_German

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KAPITALISTISCHE SOUVERÄNITÄT 353<br />

auf die Kräfte angewiesen ist, die sie derart bedrohen, nämlich auf die<br />

selbsttätigen Kräfte der produktiven Kooperation. Ihre Macht muss kontrolliert,<br />

doch darf sie nicht zerstört werden.<br />

<strong>Die</strong> Garantie, die das <strong>Empire</strong> dem globalisierten Kapital anbietet, umfasst<br />

keine Mikropolitik und/oder Mikroregierung der Bevölkerung. Der<br />

Kommandoapparat hat zu den lokalen Räumen keinen Zugang, und die vom<br />

Funktionieren der Regierung bestimmten zeitlichen Sequenzen des Lebens<br />

sind ihm verschlossen; es gelingt ihm nicht, seine Hände auf die Singularitäten<br />

und ihr Handeln zu legen. Das imperiale Kommando bemüht sich im<br />

Wesentlichen, das allgemeinen Gleichgewicht des globalen Systems herzustellen<br />

und zu schützen, das heißt, es der kapitalistischen Entwicklung zu<br />

garantieren.<br />

Das imperiale Kommando besitzt drei globale und unumschränkte Instrumente:<br />

die Atombombe, das Geld und den Äther. <strong>Die</strong> Palette thermonuklearer<br />

Waffen, über die die Spitze des <strong>Empire</strong> verfugt, bietet die andauernde<br />

Möglichkeit, das Leben selbst zu zerstören. <strong>Die</strong> totale Gewalt des<br />

Vorgangs setzt einen <strong>neue</strong>n metaphysischen Horizont, durch den sich die<br />

Vorstellung des legitimen physischen Gewaltmonopols, das dem souveränen<br />

Staat zukam, vollkommen verändert. <strong>Die</strong>ses Monopol war einmal, in<br />

der Moderne, begründet worden: als Entwaffnung eines gewalttätigen und<br />

anarchischen Mobs, einer ungeordneten Masse von Individuen, die einander<br />

metzelten; oder als Instrument, um einen Feind, das heißt ein anderes<br />

Staatsvolk, abzuwehren. Beide Arten der Legitimation zielten letztlich auf<br />

das Überleben einer Bevölkerung. <strong>Die</strong>se Rechtfertigungen des staatlichen<br />

Gewaltmonopols funktionieren heute beide nicht mehr. Einer angeblich<br />

selbstzerstörerischen Bevölkerung ihre Gewaltmittel zu nehmen geht heute<br />

in die Richtung der bloß administrativen Polizeioperation, die darauf zielt,<br />

die Spaltungen produktiver Territorien aufrecht zu erhalten. Auch die<br />

zweite Rechtfertigung des Gewaltmonopols verliert ihre Geltung, insofern<br />

ein Nuklearkrieg zwischen staatlichen Mächten immer weniger denkbar<br />

wird. <strong>Die</strong> Entwicklung der Nukleartechnologien und ihre imperiale Konzentration<br />

haben die Souveränität der meisten Länder der Welt beschnitten,<br />

da ihnen die Macht genommen ist, Entscheidungen über Krieg und Frieden<br />

zu treffen, was in der traditionellen Definition der Souveränität ein Hauptmoment<br />

war. Darüber hinaus hat die ultimative Drohung mit der imperialen<br />

Bombe jeden Krieg auf einen begrenzten Konflikt, einen Bürgerkrieg, einen<br />

schmutzigen Krieg etc. reduziert. Sie hat aus jedem Krieg das exklusive<br />

Feld der Regierungs- und Polizeimacht werden lassen. Aus keinem anderen

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