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Hardt_Michael_Negri_Antonio_Empire_Die_neue_Weltordnung_German

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DIE GRENZEN DES IMPERIALISMUS 235<br />

gleiche Verhältnis zwischen dem Arbeiter als Produzent und dem Arbeiter<br />

als Konsument bestimmt.<br />

Nun wird vom überschüssigen Wert die Klasse der Kapitalisten (und mit<br />

ihr andere Klassen, die am Profit beteiligt sind) etwas konsumieren; sie<br />

kann jedoch nicht alles verzehren, sonst bliebe kein Mehrwert übrig, der<br />

reinvestiert werden kann. Statt also den ganzen Mehrwert zu verbrauchen,<br />

müssen Kapitalisten Enthaltsamkeit üben, das heißt, sie müssen akkumulieren<br />

(vgl. Marx 1867­94, III, 261ff.). Das Kapital selbst verlangt, dass Kapitalisten<br />

Vergnügungen entsagen und es so gut als möglich vermeiden, für<br />

ihren eigenen Konsum Mehrwert zu »verschwenden«.<br />

Eine solche »kulturelle« Erklärung kapitalistischer Moral und Enthaltsamkeit<br />

liefert jedoch lediglich ein Symptom der realen Ökonomischen<br />

Schranken, die innerhalb der kapitalistischen Produktion bestehen. Zum<br />

einen müssen die Arbeiter, soll es Profit geben, mehr Wert produzieren als<br />

sie konsumieren. Zum anderen dürfen die Kapital!stenklasse und die von ihr<br />

abhängigen Klassen, soll die Akkumulation funktionieren, nicht diesen gesamten<br />

Mehrwert konsumieren. Wenn Arbeiterklasse, Kapitalistenklasse<br />

und die davon Abhängigen zusammen nicht einen entsprechenden Markt<br />

bilden und alle produzierten Waren kaufen, dann kann, obwohl die Ausbeutung<br />

stattfand und Mehrwert abgepresst wurde, der produzierte Wert<br />

nicht verwertet oder realisiert werden. 4<br />

Marx weist ferner darauf hin, dass diese Schranke in dem Maß problematischer<br />

wird, wie die Produktivkraft der Arbeit steigt. Bei zunehmender<br />

Produktivität und dem daraus folgenden Anstieg der Kapitalzusammensetzung<br />

stellt das variable Kapital (der den Arbeitern gezahlte Lohn) einen<br />

immer kleiner werdenden Teil des Gesamtwerts der Waren dar. Das heißt,<br />

dass die Konsumkraft der Arbeiter im Hinblick auf die produzierte Warenmenge<br />

ebenfalls sinkt: »Je mehr sich aber die Produktivkraft entwickelt, um<br />

so mehr gerät sie in Widerstreit mit der engen Basis, worauf die Konsumtionsverhältnisse<br />

beruhen.« (Marx 1867­94, III, 255) <strong>Die</strong> Verwertung des<br />

Kapitals wird also durch das Problem der »engen Basis« der Konsumkräfte<br />

blockiert. Wir müssen festhalten, dass diese Schranke nichts mit den absoluten<br />

Produktivkräften oder den absoluten Konsumtionskräften einer Bevölkerung<br />

zu tun hat (denn zweifellos könnte und wollte das Proletariat<br />

mehr konsumieren), sondern dass die Schranke sich auf die relative Konsumtionskraft<br />

einer Bevölkerung innerhalb kapitalistischer Produktionsund<br />

Reproduktionsverhältnisse bezieht.

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