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Hardt_Michael_Negri_Antonio_Empire_Die_neue_Weltordnung_German

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186 PASSAGFN DER SOUVERÄNITÄT<br />

kommt es an. Wären die Dinge anders verlaufen, wäre der Widerstand gegen<br />

die Unterdrückung nicht so groß gewesen, hätte es keinen Grund gegeben,<br />

dieses Buch über das <strong>Empire</strong> als eine Herrschaftsform, die sich vom<br />

Imperialismus unterscheidet, zu schreiben.<br />

<strong>Die</strong> Möglichkeiten, um dem Ende von Raum auf dem nordamerikanischen<br />

Kontinent zu begegnen, waren vielfaltig, widersprüchlich und standen<br />

miteinander in Konflikt. <strong>Die</strong> beiden Varianten, welche die nachfolgende<br />

Verfassungsentwicklung am stärksten bestimmten, entstanden im Rahmen<br />

des amerikanischen »Progressismus« zu Beginn des 20. Jahrhunderts. <strong>Die</strong><br />

erste wurde dabei von Theodore Roosevelt vertreten, die zweite von<br />

Woodrow Wilson; die erste propagierte eine vollkommen traditionelle imperialistische<br />

Ideologie europäischer Art, die zweite plädierte für eine internationalistische<br />

Friedensideologie, um die konstitutionelle Vorstellung von<br />

der Netzwerk­Macht weiter zu verbreiten. Beide Wege waren als Antwort<br />

auf das gleiche Problem gedacht: die Krise der sozialen Verhältnisse und<br />

folglich die Krise von Jeffersons Raum. Das zweite wichtige Element war<br />

für beide der Verfall der verfassungsmäßigen Netzwerk­Macht aufgrund der<br />

Entstehung mächtiger Trusts. Unter beiden Präsidenten wurden wichtige<br />

progressistische Antitrust­ Gesetze verabschiedet, von der Regulierung des<br />

Eisenbahnwesens unter Roosevelt bis hin zur weitreichenden Regulierung<br />

von Unternehmen und Finanzmärkten unter Wilson. Ihr gemeinsames Problem<br />

lag darin, wie der Klassengegensatz, der das Modell der Netzwerk­<br />

Macht bis dahin noch keineswegs zerstört hatte, abgemildert werden konnte.<br />

Ihnen war klar, dass das im Rahmen des Systems ­ und dies ist die dritte<br />

Gemeinsamkeit ­ unmöglich war. Das offene Territorium war aufgebraucht,<br />

und selbst wenn der Raum noch nicht vollständig besetzt war, so gab es<br />

doch in demokratischer Hinsicht keinen Bewegungsspielraum mehr.<br />

Da eine interne Lösung des Raumproblems nicht möglich war, musste<br />

sich der amerikanische Progressismus nach außen hin verwirklichen. Beide<br />

Antworten betonten diese Wendung nach außen, doch Wilsons Projekt war<br />

ungleich utopischer als dasjenige RooseveJts. Prototyp der Rooseveltschen<br />

Lösung waren der spanisch­amerikanische Krieg und eine Aktion wie die<br />

Erstürmung einer Anhöhe bei San Juan durch die »Rough Riders«, und dieses<br />

Bild verfestigte sich noch, als Roosevelt sich zum Populisten wandelte.<br />

Roosevelts Lösung angesichts des begrenzten Raums bestand darin, sich<br />

von ursprünglichen Charakteristika des amerikanischen Modells zu verabschieden<br />

und stattdessen Zielen und Methoden zu folgen, die dem populistischen<br />

Kolonialimperialismus eines Cecil Rhodes oder dem progressiven

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