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Hardt_Michael_Negri_Antonio_Empire_Die_neue_Weltordnung_German

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72 DIE POLITISCHE KONSTITUTION DER GEGENWART<br />

gibt es kein »Außen« der Macht und daher auch keine schwachen Glieder<br />

mehr - wenn wir unter schwachem Glied den externen Punkt verstehen, an<br />

dem die Artikulationen globaler Macht verwundbar sind. 45 Um Bedeutung<br />

zu erlangen, muss jede Auseinandersetzung das Herz des <strong>Empire</strong> treffen,<br />

seine Stärke angreifen. Das bringt allerdings keiner geografischen Region<br />

eine privilegierte Stellung, so als ob einzig soziale Bewegungen in Washington,<br />

Genf oder Tokio den Angriff auf das Herz des <strong>Empire</strong> führen<br />

könnten. <strong>Die</strong> Konstruktion des <strong>Empire</strong> und die Globalisierung ökonomischer<br />

und kultureller Verhältnisse bringen es im Gegenteil mit sich, dass<br />

das virtuelle Zentrum des <strong>Empire</strong> von jedem beliebigen Punkt aus angegriffen<br />

werden kann. <strong>Die</strong> taktischen Überlegungen der alten Revolutionstheorie<br />

sind damit unwiderruflich überholt; und die einzige den Kämpfen offen<br />

stehende Strategie ist die einer konstituierenden Gegenmacht, die aus dem<br />

Innern des <strong>Empire</strong> kommt.<br />

<strong>Die</strong> Neuartigkeit und das revolutionäre Potenzial dieser Situation mögen<br />

aus der Perspektive der sozialen Kämpfe selbst schwierig zu erkennen sein;<br />

einfacher gelingt dies aus der Perspektive der imperialen Macht, die gezwungen<br />

ist, auf die Angriffe zu reagieren. Selbst wenn die Kämpfe kommunikationslos<br />

bleiben, bilden sie das manische Zentrum für die kritische<br />

Aufmerksamkeit des <strong>Empire</strong>. 46 Sie sind lehrreiche Lektionen für die Verwaltung<br />

und die Regierung - Lektionen, die nach repressiven Mitteln verlangen.<br />

<strong>Die</strong> wichtigste Lektion ist, dass solche Ereignisse sich nicht wiederholen<br />

dürfen, wenn die kapitalistischen Globalisierungsprozesse fortschreiten<br />

sollen. <strong>Die</strong> Kämpfe haben jedoch ihr eigenes Gewicht, ihre spezifische<br />

Intensität, und sie sind darüber hinaus den Verfahrensweisen und der Entwicklungsrichtung<br />

imperialer Macht immanent. Sie selbst setzen die Globalisierungsprozesse<br />

in Gang und erhalten sie aufrecht. <strong>Die</strong> imperiale<br />

Macht flüstert die Namen der Kämpfe, um sie in Passivität zu bannen und<br />

um ein mystifizierendes Bild von ihnen zu zeichnen, doch vor allem, um zu<br />

entdecken, welche weiteren Schritte der Globalisierung möglich sind und<br />

welche nicht. Auf diese widersprüchliche und paradoxe Art nehmen die<br />

imperialen Globalisierungsprozesse die Ereignisse auf und erkennen in ihnen<br />

eine Grenze und die Chance, die eigenen Instrumente neu auszurichten.<br />

Globalisierungsprozesse existierten nicht oder kämen zum Stillstand, würden<br />

sie nicht fortwährend durch diese Explosionen der Menge behindert<br />

und vorangetrieben, Konfrontationen, die unmittelbar die höchsten Ebenen<br />

imperialer Macht berühren.

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