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Hardt_Michael_Negri_Antonio_Empire_Die_neue_Weltordnung_German

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DIE MENGE GEGEN DAS EMPIRE 413<br />

Forderungen, die in der gesamten modernen Verfassungsgeschichte grundlegend<br />

waren, zugleich aber immer abstrakt blieben. Es sollte deshalb nicht<br />

überraschen, dass die postmoderne Menge aus der amerikanischen Verfassung<br />

all das entfernt, wodurch sie - vor und gegen alle anderen Verfassungen<br />

- zu einer imperialen werden konnte: ihre Vorstellung von einer grenzenlosen<br />

jrontier der Freiheit und ihre Definition einer offenen Raum-<br />

Zeitlichkeit, der der Rang einer konstituierenden Macht zukam. <strong>Die</strong>se <strong>neue</strong><br />

Bandbreite an Möglichkeiten ist keineswegs eine Gewähr für das, was<br />

kommt. Und doch drückt sich hier, allen Vorbehalten zum Trotz, etwas<br />

Reales aus, der Vorschein einer kommenden Zukunft: das Telos, dessen<br />

Pulsieren wir bereits spüren, die Menge, die wir im Rahmen des Begehrens<br />

konstruieren.<br />

Damit können wir eine dritte politische Forderung der Menge formulieren:<br />

das Recht auf Wiederaneignung. <strong>Die</strong>s meint zuallererst das Recht auf<br />

Wiederaneignung der Produktionsmittel. Sozialisten und Kommunisten<br />

haben immer wieder gefordert, das Proletariat müsse freien Zugang zu und<br />

Kontrolle über die für die Produktion verwendeten Maschinen und Materialien<br />

haben. Im Kontext immaterieller und biopolitischer Produktion erscheint<br />

diese traditionelle Forderung jedoch in <strong>neue</strong>r Form. <strong>Die</strong> Menge benutzt<br />

nicht nur Maschinen zur Produktion, sondern wird auch selbst<br />

zunehmend zu einer Art Maschine, da die Produktionsmittel immer stärker<br />

in die Köpfe und Körper der Menge integriert sind. In diesem Zusammenhang<br />

bedeutet Wiederaneignung, freien Zugang zu und Kontrolle über Wissen,<br />

Information, Kommunikation und Affekte zu haben - denn dies sind<br />

einige der wichtigsten biopolitischen Produktionsmittel. Doch die Tatsache<br />

allein, dass diese Produktionsmittel in der Menge selbst zu finden sind, bedeutet<br />

noch nicht, dass die Menge sie auch kontrolliert. Eher lässt das die<br />

Entfremdung davon noch niederträchtiger und verletzender erscheinen. Das<br />

Recht auf Wiederaneignung ist somit in Wahrheit das Recht der Menge auf<br />

Selbstkontrolle und autonome Eigenproduktion.<br />

Posse<br />

Das Telos der Menge muss gegen das <strong>Empire</strong> und doch auf der Höhe der<br />

Zeit und der ontologischen Bedingungen des <strong>Empire</strong> leben und seinen politischen<br />

Raum gestalten. Wir haben gesehen, wie sich die Menge auf endlosen<br />

Pfaden bewegt und körperliche Form annimmt, indem sie sich die Zeit

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