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Hardt_Michael_Negri_Antonio_Empire_Die_neue_Weltordnung_German

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ALTERNATIVEN INNERHALB DES EMPIRE 65<br />

2002). Eine zweite Welle nahm ihren Ausgang nach der Revolution der<br />

Sowjets von 1917. In ihrem Gefolge gab es international eine Ausweitung<br />

der Kämpfe, auf der einen Seite zurückgedrängt nur durch die Faschismen,<br />

auf der anderen Seite assimiliert durch den New Deal und die antifaschistischen<br />

Fronten. Und schließlich gab es den Kampfzyklus, der mit der chinesischen<br />

Revolution begann und sich in den afrikanischen und lateinamerikanischen<br />

Befreiungskämpfen fortsetzte; er währte bis zu den Explosionen<br />

der 1960er Jahre überall auf der Welt.<br />

<strong>Die</strong>se internationalen Kampfzyklen waren der wirkliche Motor, der gegenüber<br />

den Institutionen des Kapitals die Entwicklung antrieb und in deren<br />

Verlauf zu Reform und Restrukturierung zwang (vgl. <strong>Negri</strong> 1988b). Proletarischer,<br />

antikolonialer und antiimperialistischer Internationalismus, der<br />

Kampf für den Kommunismus, der in all den mächtigen revolutionären Ereignissen<br />

des 19. und 20. Jahrhunderts lebendig war, kündigte die Globalisierungsprozesse<br />

an, nahm sie vorweg und mit ihnen die Entwicklung des<br />

<strong>Empire</strong>. Derart ist die Entstehung des <strong>Empire</strong> eine Antwort auf den proletarischen<br />

Internationalismus. In dieser Ankündigung und Vorwegnahme kapitalistischer<br />

Entwicklung durch die Massenkämpfe gibt es keine Dialektik<br />

oder Teleologie. Im Gegenteil, die Kämpfe selbst demonstrieren, wie<br />

schöpferisch das Begehren ist; sie sind Utopien gelebter Erfahrung, das<br />

Wirken der Geschichtlichkeit als Potenzialität - kurz, die Kämpfe sind die<br />

nackte Realität der res gestae. So etwas wie Teleologie folgt dem Handeln<br />

als Konstruktion postfestum.<br />

<strong>Die</strong> Kämpfe, die der Globalisierung vorausgingen und sie vorzeichneten,<br />

waren Ausdruck der Kraft der lebendigen Arbeit in ihrem Streben, sich von<br />

den starren territorialisierenden Regimes zu befreien, denen sie unterworfen<br />

war. Im Kampf gegen die ihr gegenüber akkumulierte tote Arbeit trachtet<br />

die lebendige Arbeit immer danach, die verfestigten territorialisierenden<br />

Strukturen, die nationale Organisation wie auch die fesselnden politischen<br />

Formen, aufzubrechen. <strong>Die</strong> Kraft der lebendigen Arbeit, ihr ruheloses Aktivsein,<br />

ihr deterritorialisierendes Verlangen öffnet im Prozess des Bruchs<br />

die Fenster der Geschichte. Aus einer Perspektive betrachtet, die sich auf<br />

die Tätigkeit der Menge, die Produktion von Subjektivität und Begehren<br />

konzentriert, lässt sich erkennen, wie die Globalisierung, da sie eine Deterritoriali<br />

sierang früherer Ausbeutungs- und Herrschaftsstrukturen bewirkt,<br />

tür die Menge zur tatsächlichen Bedingung der Befreiung wird. Doch wie<br />

kann die Möglichkeit der Befreiung heute Wirklichkeit werden? Lebt das<br />

gleiche unstillbare Verlangen nach Freiheit, das den Nationalstaat überwand

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