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Hardt_Michael_Negri_Antonio_Empire_Die_neue_Weltordnung_German

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188 PASSAGFN DER SOUVERÄNITÄT<br />

erkannt hat. Und hier rühren wir erstmals ganz konkret an den Unterschied<br />

zwischen Imperialismus und <strong>Empire</strong>, und wir erkennen in Wilsons Utopien<br />

die Intelligenz und die Weitsicht eines großen Verrückten.<br />

Der amerikanische Imperialismus<br />

<strong>Die</strong> dritte Phase der amerikanischen Verfassung entfaltete, so könnte man<br />

vermuten, ihre volle Wirkung mit der Verabschiedung der Gesetze zum<br />

New Deal, etwa des National Industriell Relations Act, doch für unsere<br />

Zwecke ist es lohnender, detl Beginn dieser Phase bereits früher anzusetzen,<br />

nämlich mit der bolschewistischen Revolution von 1917 und der Zeit, als<br />

deren Bedrohung bis in die Vereinigten Staaten und in die ganze Welt ausstrahlte.<br />

Rückblickend lassen sich bereits in diesen ersten Jahrzehnten nach<br />

der Oktoberrevolution die Wurzeln des Kalten Kriegs erkennen ­ die bipo­<br />

Eare Aufteilung der Welt und der fieberhafte Wettlauf zwischen den beiden<br />

Systemen. <strong>Die</strong> Gesetzgebung des New Deal selbst lässt sich zusammen mit<br />

der Einrichtung vergleichbarer wohlfahrtsstaatlicher Systeme in Westeuropa<br />

als Antwort auf die Bedrohung, die von der sowjetischen Erfahrung ausging,<br />

betrachten, das heißt auf die wachsende Macht der Arbeiterbewegung im<br />

eigenen Land wie auch außerhalb (vgl. <strong>Negri</strong> 1972, 11­46). <strong>Die</strong> USA sahen<br />

sich zunehmendem Druck ausgesetzt, die Klassengegensätze zu glätten, und<br />

somit wurde der Antikommunismus zum alles überragenden Imperativ. <strong>Die</strong><br />

Ideologie des Kalten Kriegs hatte die extremsten Formen ma­nichäischer<br />

Teilung zur Folge, und am Ende fanden sich einige der zentralen<br />

Elemente, die, wie wir gesehen haben, die moderne europäische Souveränität<br />

bestimmten, auch in den Vereinigten Staaten wieder.<br />

In dieser Zeit sowie im gesamten Verlauf des 20. Jahrhunderts wurde<br />

immer offensichtlicher, dass die USA weit davon entfernt waren, die einzigartige<br />

und demokratische Nation zu sein, die ihre Gründungsväter im<br />

Sinn gehabt hatten, ein Reich der Freiheit; dass sie vielmehr zu Hause wie<br />

in der Ferne unmittelbare und brutale imperialistische Projekte verfolgten.<br />

<strong>Die</strong> Vorstellung von der amerikanischen Regierung als Weltpolizist und<br />

Aniuhrer bei der weltweiten Unterdrückung von Befreiungsbewegungen<br />

entstand nicht erst in den 1960er Jahren und auch nicht zu Beginn des Kal­ten<br />

Kriegs, sondern reicht zurück bis zur Russischen Revolution und vielleicht<br />

sogar noch weiter. Vielleicht sollte man das, was wir als Ausnahmen<br />

von der Entwicklung imperialer Souveränität dargestellt haben, zusammen

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