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Hardt_Michael_Negri_Antonio_Empire_Die_neue_Weltordnung_German

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INTERMEZZO: GEGEN-EMPIRE 221<br />

ausbeuten zu lassen - oder genauer: Widerstand, Sabotage, Ungehorsam,<br />

Aufruhr und Revolution - bilden die treibende Kraft der Wirklichkeit, in<br />

der wir leben, und sind zugleich deren lebendige Opposition. In Marx'<br />

Denken wird das Verhältnis zwischen dem Innen und dem Außen der kapitalistischen<br />

Entwicklung vollständig von diesem dualen Standpunkt des<br />

Proletariats, nämlich innerhalb wie außerhalb des Kapitals zu stehen, bestimmt.<br />

<strong>Die</strong>se räumliche Anordnung hat zu zahlreichen politischen Positionen<br />

geführt, die davon träumten, den Ort des Gebrauchswerts zu stärken,<br />

ihn rein zu halten und vom Tauschwert und kapitalistischen Verhältnissen<br />

abzusondern.<br />

In der heutigen Welt hat sich diese räumliche Anordnung verändert. Auf<br />

der einen Seite breiten sich die kapitalistischen Ausbeutungsverhältnisse<br />

überall aus, sie bleiben nicht mehr auf die Fabrik beschränkt, sondern besetzen<br />

allmählich das gesamte gesellschaftliche Terrain. Auf der anderen<br />

Seite schließen die gesellschaftlichen Verhältnisse die Produktionsverhältnisse<br />

vollkommen ein, so dass jede Externalität zwischen gesellschaftlicher<br />

und ökonomischer Produktion unmöglich wird. <strong>Die</strong> Dialektik zwischen den<br />

Produktivkräften und dem Herrschaftssystem konzentriert sich nicht mehr<br />

auf einen bestimmten Ort. <strong>Die</strong> spezifischen Eigenschaften der Arbeitskraft<br />

(Differenz, Maß und Entschlossenheit) lassen sich nicht mehr festmachen,<br />

und in ähnlicher Weise lässt sich die Ausbeutung nicht mehr lokalisieren<br />

und quantifizieren. Das bedeutet, dass nicht mehr konkrete produktive Aktivitäten<br />

Objekt von Ausbeutung und Herrschaft sind, sondern die allgemeine<br />

Fähigkeit zu produzieren, das heißt eine abstrakte gesellschaftliche<br />

Aktivität und deren umfassende Macht. <strong>Die</strong>se abstrakte Arbeit ist eine Tätigkeit<br />

ohne Ort, und doch ist sie sehr wirkungsvoll. Denn sie ist die Zusammenarbeit<br />

vieler Köpfe und Hände, vieler Geister und Körper; sie ist<br />

sowohl das Nicht-Gehören wie die kreative gesellschaftliche Verteilung lebendiger<br />

Arbeit; sie ist das Begehren und das Bestreben der Menge mobiler<br />

und flexibler Arbeiter; und gleichzeitig ist sie geistige Energie sowie<br />

sprachliche und kommunikative Konstruktion der Menge der intellektuellen<br />

und affektiven Arbeiter (vgl. dazu <strong>Negri</strong> 1996 und 2000).<br />

Das Innen, das durch den Gebrauchswert bestimmt ist, und das Außen<br />

des Tauschwerts lassen sich nirgends finden, so dass folglich jede Politik<br />

des Gebrauchswerts, die stets auf der Illusion einer strikten Trennbarkeit<br />

dieser beiden Werte beruhte, heute endgültig unvorstellbar geworden ist.<br />

Das bedeutet jedoch nicht, dass Produktion und Ausbeutung verschwunden<br />

sind. Weder Innovation und Entwicklung noch die fortwährende Neustruk-

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